Weinheimer Brotforum

Weinheimer Brotforum

Zum 7. Weinheimer Brotforum kamen 170 Gäste aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz und Belgien in der Bundesakademie zusammen – darunter viele erfolgreiche Unternehmer der Branche. Neben den aktuellen Zahlen zum Brotmarkt referierte Direktor Bernd Kütscher (Foto oben) über weitere Marktentwicklungen wie die Chancen von künstlicher Intelligenz (KI). Brot-Sommelier Michael Kress berichtete über das Scheitern seiner Familienbäckerei an einem Generationenkonflikt. Auch beim Neustart mit einer erfolgreichen Brot-Manufaktur in Weinheim nahm er die Gäste mit. Es folgte Annette Mützel, die seit vielen Jahren als Beraterin in der Gastrobranche unterwegs ist und dabei unter anderem die Ikea-Restaurants nebst Hot Dog Stationen aufgebaut hatte. Sie erläuterte, was Bäckereien von großen Marken der Systemgastronomie lernen können.

Die Youtuber Marcel Paa und Sally. Foto: Bundesakademie Weinheim Ingo Hilger

Erfolgreich mit Youtube
Im zweiten Block zeigte Brot-Sommelier Marcel Paa aus der Schweiz, wie er mit YouTube-Videos und Begleitaktivitäten ein Unternehmen mit sieben Mitarbeiter betreibt. Im Anschluss daran betrat YouTuberin Sally die Bühne. Sie hatte vor zehn Jahren als Grundschullehrerin das Backen eines Nusszopfes gepostet, begeistert heute zwei Millionen Follower bei YouTube und beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter. Alleine ihr Online-Shop bietet über 2.000 Produkte an, dazu ist sie Markenbotschafterin großer Brands.

Talkrunde: Roland Ermer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerk, Celestina Brandt, Bäckerin und Brot-Sommeliére. Foto: Bundesakademie Weinheim

Talkrunde „Zukunft gestalten, von a bis Z“
Der dritte Block bestand aus einer sehr lebendigen Talkrunde, mit der Überschrift „Zukunft gestalten, von (A)usbildung bis (Z)utaten“. Zunächst berichtete Bäckerpräsident Roland Ermer von seinen Erfahrungen aus der Lobbyarbeit in Berlin: „Wir müssen klare Kante zeigen und offen unsere Sorgen ansprechen. Die Politiker halten diese Härte aus. Nur dürfen wir als Branche dabei nie den Anstand verlieren und die gewählten Personen selbst herabsetzen“. Anschließend ergänzte die „Bäckerin des Jahres“, Brot-Sommelière Celestina Brandt aus Thüringen, die Talkrunde. Sie erklärte dabei nicht nur, wie sie ihre Bäckerei mit Innovationen und viel Herz führt, sondern hielt auch ein flammendes Plädoyer für mehr Frauen im Ehrenamt des Bäckerhandwerks. Brot-Sommelier Hans-Peter Rauen von der gleichnamigen Bäckerei in Heppenheim, polarisierte: „Mein Brot verkaufe ich gerne auch bei Aldi“. Er schilderte seine Gründe und unterstrich, dass ihm die Zusammenarbeit mit 18 Filialen des Discounters sowohl betriebswirtschaftlich als auch hinsichtlich der Markenbekanntheit Vorteile verschaffe. Dr. Lutz Popper, wissenschaftlicher Direktor eines Enzymherstellers, diskutierte mit den Gästen des Brotforums über den Sinn und Zweck von Enzymen. Er appellierte, die „irrationale Angst des Verbrauchers vor deren Einsatz mit sachlichen Informationen entgegenzutreten“.

Moderator Michael-Kleinert und Thomas Becker von der TU-Muenchen. Foto: Bundesakademie-Weinheim/ Ingo Hilger

Brotverkostung, Fachvorträge und Netzwerken
In der Pause boten die Bäcker ihre Brote unter den Referenten zur Degustation an. Im Anschluss berichtete Prof. Dr. Thomas Becker von der TU München und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats von Akademie und Brotinstitut, über die neusten Erkenntnissen seines Lehrstuhls. Ein weiteres Beiratsmitglied, Prof. Dr. Friedrich Longin von der Universität Hohenheim, ergänzte diese um den Aspekt des Klimawandels: „Der Kunde bezahlt mit dem Brotpreis ja nicht nur den Bäcker, sondern auch den Saatzüchter, den Landhandel, den Landwirt, den Getreidehandel, den Müller und den Großhandel wie die Bäkos. Um die Herausforderungen des Klimawandels auf die Getreidequalitäten zu bewältigen, müssen alle in dieser Wertschöpfungskette enger zusammenrücken.“ Als Abschluss des Brotforums gab Christian Scherpel von der Bäckerei Malzers Backstube aus Gelsenkirchen Einblicke in seine Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit. Dabei teilte er mit den Gästen sogar einen umfangreichen Nachhaltigkeitsbericht, der für größere Bäckereien in Zukunft verpflichtend wird.

Das 8. Weinheimer Brotforum ist für den 4. Februar 2025 geplant.