Palmöl – ein Rohstoff mit falschem Image?

Palmöl – ein Rohstoff mit falschem Image?

Wichtiger Rohstofflieferant: Die Palme mit Früchten. Bei Anbau und Lieferkette entscheiden strenge Regeln über die Nachhaltigkeit. Foto: Walter Rau


Von Christin Silligmann*
Palmöl und Palmfett sind Naturprodukte, die seit vielen Jahrhunderten weltweit in der Lebensmittelherstellung eingesetzt werden. Beides wird aus dem Fruchtfleisch der Palmfrucht gewonnen und hat im festen Zustand eine butterähnliche Konsistenz. Für die Walter Rau Lebensmittelwerke ist es ein wertvoller Bestandteil für die Margarineherstellung, aber Palmöl wird in Bezug auf Nachhaltigkeit und Gesundheit stark diskutiert. Zu Recht?

„Wir stehen dazu, Palmöl einzusetzen, weil es eins der effizientesten pflanzlichen Öle ist. Beispielsweise würde der vollständige Ersatz von Palmöl durch Sonnenblumenöl die fünffache Fläche im Anbau benötigen. Außerdem ist die Anbaufläche für Palmöl die effizienteste pro Hektar: CO2-Emission und Wasserbedarf sind sehr gering“, erklärt Harald Guimaraes, Marketingleiter bei Walter Rau. „Ein vollständiger Palmölausstieg wird für uns langfristig keine Lösung sein.“

Nachhaltiger Anbau macht den Unterschied
Damit die nachhaltige Produktion von Palmöl gewährleistet wird, haben sich im Jahr 2004 auf Initiative des WWF (World Wide Fund For Nature) verschiedene Interessensvertreter zusammengetan und den Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) gegründet. Dazu zählen Umweltorganisationen, Lebensmittelkonzerne, Plantagen sowie Hersteller und Einzelhändler für palmölhaltige Produkte. Die über 4.400 RSPO-Mitglieder aus mehr als 50 Ländern haben verschiedene Ziele definiert und sich dazu verpflichtet, dass keine Rodungen ökologisch wertvoller Waldflächen oder Trockenlegung von Mooren (Peatlands) zum Anbau der Ölpalmen mehr erfolgen.

Auch die reduzierte Verwendung von Pestiziden in Plantagen, Verhinderung von Sklavenarbeit, seriöse Bezahlung und angemessene Arbeitsbedingungen der Arbeiter sind Pflicht. Weitere Kernthemen sind die Einhaltung gesetzlicher Regelungen wie Landnutzungs- und Eigentumsrechte, die Vermeidung von Kinderarbeit, das Fördern und Einbinden von Kleinbauern sowie das Kontrollieren von Plantagen durch unabhängige und dafür autorisierte Prüfer. Das Hauptziel ist, die Verwendung von nachhaltigem Palmöl durch eine enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Partnern und Interessensvertretern innerhalb der gesamten Lieferkette zu unterstützen.

Nachhaltiger Anbau – die RSPO-Standards im Überblick
Bei der RSPO-Zertifizierung werden drei Qualitätsstufen unterschieden – bei Westfalia, einer Marke von Walter Rau, wird ausschließlich die höchste Qualitätsstufe eingesetzt:

Niedrigster Standard – B & C (Book and Claim): Bei der einfachsten Handelsoption – Book and Claim („Kaufen und Deklarieren“) – handelt es sich um einen reinen Zertifikathandel. Das bedeutet, dass die physische Ware, das Palmöl, und die Nachhaltigkeitszertifikate komplett getrennt voneinander gehandelt werden. Die Zertifikate stehen für eine explizit bestimmbare Menge an nachhaltigem Palmöl, die produziert worden ist, aber nicht physisch als zertifizierte Ware weitergehandelt wird. Im Vergleich mit Ökostrom: Auch dort wird ein handelbares Zertifikat für die Produzenten ausgestellt, welches über ein Bieterverfahren von den Herstellern der Endprodukte ersteigert werden kann.

Mittlerer Standard – MB (Massenbilanz/Mass Balance): Bei diesem Modell wird nachhaltig gewonnenes Palmöl von zertifizierten Plantagen mit konventionellem, nichtzertifizierten Palmöl in der Wertschöpfungskette gemischt. Dabei wird kontrolliert, wie groß der Anteil zertifizierter Ware ist, und sichergestellt, dass nicht mehr vom Endprodukt als zertifiziert ausgezeichnet wird, als vor der Vermischung aus Zertifizierung eingebracht wurde.

Es findet eine Art buchhalterische Erfassung und damit verbundene Weitergabe von zertifiziertem Palmöl statt. Die Option des Massenbilanzmodells ermöglicht das Ausweisen nachhaltiger Ware auf jeder Stufe der Warenkette, ohne jedoch eine zusätzliche Infrastruktur für eine parallele Lieferkette aufbauen zu müssen. Zusammengefasst bedeutet dieses Modell, dass zertifizierte und konventionelle Ware nicht physisch getrennt werden. Mass-Balance-Ware kann auf diese Weise recht einfach innerhalb der Lieferketten gehandelt werden.

Höchster Standard – SG (Segregation): Bei dieser wird nachhaltig zertifizierte Ware entlang der gesamten Lieferkette durchgängig von nicht-nachhaltiger Ware getrennt. Dabei kann das Palmöl zwar aus mehreren zertifizierten Plantagen miteinander gemischt werden, aber der Produktstrom wird durch unabhängige Zertifizierungsinstanzen überprüft. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass das gehandelte Palmöl zu hundert Prozent auf seine Nachhaltigkeit geprüft und entlang der gesamten Lieferkette kontrolliert wurde. Segregiertes Palmöl ist aktuell die bestmögliche Entscheidung den wertvollen Rohstoff bewusst und nachhaltig einzusetzen.

Die Mitglieder des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) haben acht Grundprinzipien und 39 zu erfüllende Kriterien zum Thema nachhaltige Produktion von Palmöl definiert. Inhaltlich zielen diese beispielsweise auf die Erhaltung der Lebensräume sowie die Rechte der Einwohner ab. Dabei wird gewährleistet, dass bei Neuanlagen von Plantagen keine Primärwälder oder Gebiete mit hohem Naturschutzaspekt betroffen sind.

Das Innere der Palmfrucht und das daraus gewonnene. Foto: Walter Rau

Alle Westfalia-Margarineprodukte enthalten ausschließlich RSPO-zertifiziertes Palmöl aus nachhaltigem Anbau mit dem höchstem Standard Segregation. „Wir haben eine starke Transparenz hinsichtlich unseres Palmöleinsatzes mit unseren Palmöldashboards. Schon 2017 erreichten wir eine 93-prozentige Rückverfolgbarkeit des bei uns eingesetzten Palmöls bis zur Mühle“, so Harald Guimaraes.

Die Bunge-Gruppe, zu der Walter Rau gehört, hat seit 1818 weltweit Erfahrungen rund um die Rohstoffketten gesammelt. Mit diesem Wissen sieht der Konzern die unbedingte Dringlichkeit nachhaltigen Wirtschaftens. Walter Rau Lebensmittelwerke ist bereits seit 2011 Mitglied im Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) und setzt sich für den nachhaltigen Anbau von Palmöl ein.

Das sind Walter Rau und die Bunge-Gruppe
Die Walter Rau Lebensmittelwerke GmbH ist seit 2008 Mitglied der Bunge-Gruppe und führt mittelfristig alle Warengruppen der Bunge-Schwesterngesellschaft Westfälische Lebensmittelwerke Lindemann GmbH & Co. KG mit unter ihrem Namen. Das Unternehmen Westfälische Lebensmittelwerke Lindemann GmbH & Co. KG wurde 1902 gegründet, hat rund 5.000 Kunden in 35 Ländern. Die Unternehmensgruppe ist bekannt als Partner für das Bäcker- und Konditor-Handwerk, Großküchen, die Gastronomie und Industrie. Das Portfolio von circa 375 Produkten umfasst Margarine, Fette, Backcremes, Convenience-Produkte und Backzutaten auf höchstem Niveau für Feinbackwaren aller Art. Hinzu kommen Spezialmargarine, Frittierfette oder Spezialöle zum Dünsten, Backen, Braten, Abschmelzen sowie Brotaufstriche und Grundmischungen zur Herstellung oder Weiterverarbeitung. Walter Rau führt unter anderem die Marken Westfalia, Natürlich Westfalia, Westfalia Feinste sowie Deli Reform Foodservice und Optima.

* Christin Silligmann arbeitet im Marketing von Walter Rau