Neue Leitsätze für Brot und Kleingebäck

Neue Leitsätze für Brot und Kleingebäck

Darf Brot aus pelletbeheizten Backöfen als Holzofenbrot deklariert werden? Wieviel Emmer muss in Emmerbrot sein? Und was ist eigentlich Dinkelmischbrot? All diese Fragen waren in den bisherigen Leitsätze für Brot und Kleingebäcke, die überwiegend aus dem Jahr 1993 stammten, nicht beantwortet. Jetzt gibt es mehr Klarheit. Bernd Kütscher, Leiter der Bundesakademie Weinheim und als Mitglied in der Deutschen Lebensmittelbuch­kommission an der Erarbeitung der neuen Leitsätze beteiligt, sieht neue Chancen für Handwerksbäcker. Das sind die wichtigsten Änderungen.

Begriff Dinkelmischbrot ist jetzt zulässig: Wird ein Brot z.B. mit 70 % Dinkel und 30 % Roggen gebacken, musste dieses auf dem Preisschild bislang mit der Verkehrsbezeichnung Weizenmischbrot ausgelobt werden. Das irritierte viele Verbraucher, die nicht wissen, dass Dinkel zu den Weizenarten gehört und sich ganz bewusst für Dinkel statt Weizen entscheiden. Jetzt sind neue Bezeichnungen wie z.B. Dinkelmischbrot erlaubt.

Wann ein Brot ein Holzofenbrot ist: Bislang musste Holzofenbrot in „direkt befeuerten Öfen“ aus „steinernem oder steinartigen Material“ gebacken werden und das Heizmaterial musste sich „im Backraum“ befinden. Es war „nur naturbelassenes Holz“ zugelassen. Brote aus modernen Holzöfen mit Pelletsbeheizung in separaten Brennkammern durften darum nicht als Holzofenbrote verkauft werden. Das ist jetzt erlaubt. Verwendet der Bäcker Scheitholz und feuert auf der Backfläche, darf er das Holzofenbrot aufgrund seines höheren Aufwands ab sofort sogar mit „Original Holzofenbrot“ bewerben. Vergleichbare Angaben wie „traditionell“, „klassisch“, „echt“, „wie früher“ etc. sind gleichbedeutend mit „Original“.

Mehr Restbrot im Teig erlaubt: Nach den alten Leitsätzen durften bei Backwaren mit überwiegendem Weizenanteil 6 Prozent Brot zugesetzt werden, bei überwiegendem Roggenanteil 20 Prozent. Die neuen Leitsätze regeln, dass generell bis zu 20 Prozent – berechnet auf Frischbrot – zugesetzt werden dürfen. Brote aus SB-Stationen dürfen nicht genutzt werden.

Strengere Regeln für Werbung mit Zutaten und Herstellungsverfahren: Zutaten, die auf der Brotverpackung bildlich dargestellt werden, müssen in Charakter gebender Menge im Produkt enthalten sein. Werden Herstellungsverfahren (z. B. Abbildung Holzofen, Anwendung Langzeitführung) abgebildet, muss eine solche auch erfolgen. „Damit wurde erschwert, dass die Industrie Werbung mit handwerklichen Abbildungen machen kann, wenn sie nicht so arbeitet wie abgebildet“, erklärte Kütscher den Seminarteilnehmern.

Begriffe „traditionelle Rezeptur“ und „traditionelle Herstellung“ definiert: Wollen Sie Ihr Brot mit „traditionelle Rezeptur“ bewerben, dürfen Sie keine Lebensmittelzusatzstoffe und zugesetzte Enzyme einsetzen – ausgenommen sind nur solche, die üblicher Bestandteil eines zusammengesetzten Lebensmittels sind, das als Zutat verwendet wird (z. B. Rieselhilfsstoff in Speisesalz) oder für den Produktcharakter (z. B. Natronlauge bei Laugengebäck) oder aus technologischen Gründen (z. B. Ascorbinsäure) unabdingbar sind. Malzerzeugnisse wie Malzmehl, Malzextrakt, Malzsirup usw. sind keine Zusatzstoffe und daher auch bei traditioneller Herstellung im Sinne der Leitsätze zulässig.

Wird das Produkt mit „traditioneller Herstellung“ beworben, gelten die gleichen Regeln wie für traditionelle Rezeptur. Darüber hinaus muss ein Brot oder Kleingebäck, das mit traditioneller Herstellung beworben wird, aber auch, „in einem durchgehenden, nicht durch Tiefkühlung oder andere Verfahren zum Zweck der Haltbarmachung unterbrochenen Prozess im selben Unternehmen“ hergestellt werden. Außerdem gilt: „Die Formgebung erfolgt nicht rein maschinell. Der Backprozess im Ofen wird nicht unterbrochen.“ Damit schließt „traditionelle Herstellung“ eine industrielle Herstellung und die im Lebensmitteleinzelhandel üblichen Verfahren (Zukauf von Produkten von Lieferanten, Prebake-Verfahren usw.) aus, fordert das gleiche aber auch von handwerklichen Bäckereien, sofern Sie ein Produkt mit „traditioneller Herstellung“ bewerben möchten.

Chancen für qualitätsorientierte Handwerksbäckereien
„Dies ist eine Chance für qualitätsorientierte Handwerksbäckereien, sofern sie einzelne oder alle Brotsorten handwerklich und ohne Zusatzstoffe herstellen, so, wie die meisten Verbraucher dies laut repräsentativen Studien auch erwarten“, sagt Kütscher. Wer Brote und Kleingebäcke nicht entsprechend herstellen möchte, darf das tun, diese jedoch nicht mit „traditionelle Herstellung“ bewerben.

Sein Appell: „Widerlegen Sie den leider sehr verbreiteten Mythos, dass es in Bäckereien keine Backwaren ohne Zusatzstoffe mehr gibt und pflegen Sie die traditionelle Herstellung im Sinne der neuen Leitsätze, was ja gerade beim Brot überhaupt kein Problem ist, eine gute Mehlqualität vorausgesetzt. Achten Sie auf regionale Kreisläufe mit kurzen Wegen und tragen Sie damit zu den Herausforderungen des Klimawandels und der Nachhaltigkeit bei. Nutzen Sie unbedingt auch die Möglichkeiten der sozialen Netzwerke. Der tägliche Klick mit dem Smartphone in die Backstube ist kein großer Aufwand, zeigt aber Transparenz und schafft Vertrauen. All das hilft Ihnen, als traditioneller Bäcker wahrgenommen zu werden, dessen Kunden zu Fans werden und die den erforderlichen Mehrpreis gerne zahlen.“

Mehr Details und die kompletten Leitsätze können Sie auf der Seite des Deutschen Brotinstitutes herunterladen.

Foto: Bundesakademie Weinheim