Schlechte Stimmung, gute Gesamtlage

Schlechte Stimmung, gute Gesamtlage

Diese Woche kam der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks in Essen zu seiner Jahrestagung zusammen. Ausführlich wurde über die aktuellen Herausforderungen der Bäckereibetriebe debattiert. Wie die „Allgemeine Bäckerzeitung“ berichtet, fand Präsident Roland Ermer (Foto) deutliche Worte: „Die Stimmung ist, auf gut Deutsch, beschissen. Die Lage ist aber noch gut.“ Die Neuausrichtung des Verbandes würde weiterhin vorangetrieben, hieß es auf der Versammlung. So sei die angepeilte Stärkung der Lobbyarbeit durch die Einstellung von Katrin Gielow als neue Referentin für politische Interessenvertretung erfolgreich in zahlreiche Gespräche mit Politikern gemündet.

Die Gründe für die derzeitige Lage
Bei der Erörterung, warum die Stimmung so schlecht sei, machte Ermer geopolitische wie die Kriege in der Ukraine und dem Nahen Osten als auch hausgemachte Probleme wie die Streichung der E-Förderung und die Umsetzung der Energiewende aus. Insbesondere könne er nicht nachvollziehen, wie Gesetze wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die Entwaldungsverordnung, die für kleine Betriebe beinahe nicht umsetzbar seien und ihren Zweck verfehlten, beschlossen werden könnten. Ebenso kritisch sehe der ZV, dass aktuell rund 400 Kommunen über eine Verpackungssteuer nachdenken.

Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, eröffnete mit ihrer Rede die Branchenversammlung und thematisierte unter anderem den stockenden Bürokratieabbau in der Bundesregierung. Gorißen appellierte noch einmal an die Vertreter des Bäckerhandwerks, ihre Anliegen und Bedürfnisse jederzeit an die Landespolitikerinnen und -politiker der jeweiligen Bundesländer zu richten. Diese seien oftmals in Gesprächsrunden mit Bundesministerien beteiligt und würden so das Wort in die Bundesregierung tragen. Auch das Werbeverbot, das im bislang unter Verschluss gehaltenen fünften Entwurf immer noch Bäcker einbeziehe, nannte Ermer politischen Unsinn.

Ziel: Brezel als immaterielles Kulturerbe
Die Anerkennung der Brezel als immaterielles Kulturerbe stehe immer noch auf der Agenda, heißt es vom Werbeverband. Der ZV denke zudem über ein Projekt nach, im Rahmen dessen Menschen in die Betriebe reisen sollen, die kurz vor der Schließung stünden. Ziel sei es, die alten Rezepte und Traditionen im Bäckerhandwerk zu erhalten. Hervorgehoben wurde auch die aus Sicht des ZV erfolgreiche Pressearbeit, mit der der Verband konstant in den Medien präsent gewesen sei.

Hauptgeschäftsführer Friedemann Berg erläuterte den Einsatz des ZV gegen die Bürokratie. Außerdem äußerte auch er sich zum geplanten Kinder-Lebensmittel-Werbe-Gesetz. Am 22. September solle das Gesetz im Bundeskabinett besprochen werden, der ZV warte noch auf die von Minister Cem Özdemir zugesagte Einladung zur Anhörung.

Neuausrichtung geht voran
Die Neuausrichtung des Verbandes würde weiterhin vorangetrieben, hieß es auf der Versammlung. So sei die angepeilte Stärkung der Lobbyarbeit durch die Einstellung von Katrin Gielow als neue Referentin für politische Interessenvertretung erfolgreich in zahlreiche Gespräche mit Politikern gemündet. Ebenso werde auch die Intensivierung der Kommunikation mit den Landesinnungsvertretungen weiter fortgeführt. Aktuell arbeite der ZV außerdem weiterhin an der Strukturreform, die unter anderem bis zum Ende des Jahres die Überführung der Werbegemeinschaft in den Zentralverband vorsehe.

Neue Satzung als „Herzstück der Strukturreform“
Herzstück der umfassenden Strukturreform soll die heute einstimmig beschlossene Satzungsänderung sein. Sie biete mehr Flexibilität und Mitbestimmungsrechte. Neben den ständigen Ausschüssen könnten nun zu einzelnen Themen Beiräte gebildet werden, die die Arbeit des Zentralverbandes auf fachlicher Ebene zukünftig ergänzen sollen. Die Beiräte sollen nach Vorstellung des Verbands mit Mitgliedern besetzt werden, die mit ihren Fachkenntnissen Maßnahmen mitgestalten und -tragen würden. Darüber hinaus werden mit der neuen Satzung Tagungsformate zulässig, die es etwa erlauben, hybride Veranstaltungen durchzuführen.

„Wir schaffen das“
Zum Abschluss der Jahrestagung fand Roland Ermer versöhnliche Worte. Er sei optimistisch, dass das Bäckerhandwerk auch diese schwere Zeit überstehen würde, das sei schließlich schon immer gelungen. „Wir schaffen das“, so der ZV-Präsident in Anlehnung an Angela Merkels wohl berühmtesten Ausspruch. Außerdem wurde Herrmann Paul zum Ehrenmitglied des Zentralverbands ernannt, was mit Standing Ovation der Delegierten bedacht wurde.

Foto: Zentralverband