Tafeln in Dauerkrise
Der Druck auf die Tafeln in Deutschland ist hoch und die Lage habe sich in den vergangenen Monaten weiter verschärft, sagte Andreas Steppuhn, Vorsitzender des Dachverbandes der Tafel Deutschland, gegenüber den Medien. Aktuell gebe es 973 Tafeln in Deutschland, die bis zu zwei Millionen Menschen unterstützen. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine würden die Tafeln im Durchschnitt 50 Prozent mehr Kundinnen und Kunden melden. Besonders in den Großstädten sei der Andrang sehr groß.
Die Scham ist groß
Die Inflation belastet sowohl die Menschen als auch die Tafeln selbst, so Steppahn. Es seien nicht nur Geflüchtete, die zu den Ausgabestellen kommen, sondern mittlerweile auch Renterinnen und Rentner, Alleinerziehende und Menschen im Niedriglohnsektor. Die Scham und die Hemmungen vor dem Gang zu den Tafeln seien hoch. “Die Menschen, die zur Tafel kommen, haben echte Not und überlegen sich dreimal, ob sie sich bei der Tafel anstellen.”
Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und die Folgen
Zudem würden die Tafeln die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung spüren. “Natürlich begrüßen wir es grundsätzlich, wenn weniger Lebensmittel weggeschmissen werden und die Supermärkte und Discounter nachhaltiger arbeiten”, sagt Steppuhn. Aber es führe dazu, dass die Tafeln weniger Lebensmielspenden haben bei gleichzeitig mehr Kundinnen und Kunden.

90 Prozent Ehrenamt
Bundesweit engagieren sich heute rund 60.000 Helferinnen und Helfer bei den Tafeln. 90 Prozent von ihnen tun das ehrenamtlich. Eigentlich bräuchte man viel mehr, denn die Tafeln seien an ihrer Belastungsgrenze. Wenn nicht mehr ausreichend Lebensmittel da seien, Öffnungszeiten reduziert werden müssten, gehe das den Ehrenamtlichen sehr nahe, berichtet Steppuhn.
“Armut endlich wirksam bekämpfen”
Zwar gebe es große Unterstützung durch Spenden, gleichzeitig ertwate man von der Politik, dass Armut endlich mal wirksam bekämpft wird, denn als Tafeln köänne man nicht alles lösen.
Zu den Verhandlungen des Bundeshaushalts 2024
„Bei den Tafeln spüren wir jeden Tag, dass sich unsere Gesellschaft und unser Land weiterhin in einer Notlage befinden. Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, die Inflation, und die sich zuspitzende Klimakrise führen dazu, dass mehr Menschen in Not geraten und ihr Geld nicht mehr für Essen, Wohnen und das Nötigste reicht. Das betrifft nicht nur Menschen, die Bürgergeld oder andere Sozialleistungen beziehen, sondern immer häufiger auch Menschen, die wenig verdienen, kinderreiche Familien, Alleinerziehende sowie Rentnerinnen und Rentner”, sagt Vorsitzender Andreas Steppuhn.

“Mich verärgert die Debatte um mögliche Haushaltskürzungen im sozialen Bereich, insbesondere beim Bürgergeld. Sie zeigt, wie wenig manche politische Entscheiderinnen und Entscheider die Lebensrealität von Menschen mit wenig Geld kennen. Wer sagt, dass sich Arbeit lohnen muss und deshalb Sozialleistungen gekürzt werden müssen, den lade ich gerne zu den Tafeln ein. Sie werden dann die Menschen kennenlernen, die arbeiten gehen und mit Bürgergeld aufstocken müssen. Die alleinerziehend sind, in Teilzeit arbeiten und enorm hohe Mieten zahlen. Die ihr ganzes Leben lang so wenig verdient haben, dass ihre Rente jetzt wenige hundert Euro im Monat beträgt. Die psychisch oder körperlich krank sind und deshalb nicht arbeiten können. All diese Menschen sind gemeint und unmittelbar betroffen, wenn Gelder gekürzt werden sollen.”
“Die Antwort aus unserer Sicht ist deshalb klar: Wir brauchen nicht nur dringend eine Erhöhung des Bürgergeldes, sondern eben auch eine Erhöhung der niedrigen Löhne. Das Problem ist doch: Menschen, die wenig verdienen, sind nicht nur heute abgehängt und ausgegrenzt, sondern auch in der Rente Spätestens dann werden sie auf (weitere) Sozialleistungen angewiesen sein.”
“Als Tafel Deutschland appellieren wir deshalb an die Bundesregierung, die Notlage anzuerkennen und
nachhaltigere Ideen zu entwickeln, als den Impuls bei den Ärmsten zu sparen. Armut ist nicht nur ein Problem der Armen. Armut gefährdet den sozialen Frieden in unserem Land. Die Bekämpfung von Armut muss deshalb zentrales politisches Ziel sein. Eine angespannte Haushaltslage darf nicht dazu genutzt werden, den Sozialstaat weiter abbauen zu wollen. Stattdessen könnten Subventionen für klimaschädliche Ausgaben auf den Prüfstand. Auch eine Reform der Schuldenbremse ist angebracht,
wenn ihr Einhalten nur auf Kosten der Ärmsten in unserer Gesellschaft möglich ist.“
Foto: Tafel Cottbus, Monique Wüstenhagen | Tafel Deutschland