50 Firmen testen Vier-Tage-Woche

50 Firmen testen Vier-Tage-Woche

Vier Tage arbeiten, drei Tage frei – in Deutschland startet Anfang 2024 ein Pilotprojekt zur Einführung einer Vier-Tage-Woche, berichtet das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) unter Berufung auf die Beratungsagentur Intraprenör, die das Projekt in Deutschland koordiniert. 50 Unternehmen aus unterschiedlichen Bereichen werden bundesweit das Arbeitszeitmodell testen. Das Konzept: Sechs Monate vier Tage arbeiten bei gleichem Gehalt. Anschließend wertet die Universität Münster die Erkenntnisse wissenschaftlich aus.

Mehrheit der Deutschen ist für eine Vier-Tage-Woche
Die Pilotstudie werde von der Initiative 4 Day Week Global begleitet zu deren Beirat die Gewerkschaft IG Metall, der Arbeitgeberverband BDA sowie der Zentralverband des Deutschen Handwerks gehören. Flexible Arbeitszeiten seien für viele Unternehmen ein wichtiger Anreiz bei der Fachkräftegewinnung, kommentierte Kristian Schalter vom BDA. Rund 81 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland wünschen sich eine Vier-Tage-Woche. Die meisten von ihnen (73 Prozent) allerdings nur mit einem vollen Lohnausgleich. Das zeigt eine neue Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Für kleinere Betriebe machbar?
Eine pauschale Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich sei für die überwiegende Mehrheit der Unternehmen aber keine Option. Spannend werde die Frage sein, ob ein Absenken der Arbeitszeit mit einer signifikanten Produktivitätssteigerung einhergehe, so der BDA. Denn ohne diese Steigerung der Produktivität wäre das Modell der Vier-Tage-Woche für Unternehmen langfristig kaum tragbar. Sophie Jänicke von der IG Metall ergänzte, dass sich die Vier-Tage-Woche in vielen Betrieben zur Sicherung von Arbeitsplätzen bewährt habe. Sie erhöhe die Work-Life-Balance und könne die Attraktivität von Unternehmen steigern.

Vier-Tage-Woche im Handwerk
Seit zwei Jahren ist die Vier-Tage-Woche in einem kleinen Handwerksbetrieb in Thüringen Realität. Möglich wurde das Ganze durch konsequentes Umdenken in allen Bereichen: Arbeitsabläufe wurden mit digitaler Unterstützung optimiert, eine Unternehmenskultur gegenseitigen Vertrauens und Wertschätzung etabliert. Und das Konzept trägt Früchte: der Umsatz steigt – trotz weniger Arbeitszeit. Hier können Sie sich den Beitrag bei „arte“ ansehen. Auch in Großbritannien war in einer Studie ebenfalls schon die Vier-Tage-Woche getestet worden. Nach dem Pilotprojekt dort wollten fast alle der Unternehmen mit dem Modell weitermachen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) äußerte sich zurückhaltender. Besonders bei kleineren Betrieben sei es fraglich, ob bei einer ohnehin dünnen Personaldecke auf einzelne Beschäftigte ohne weiteres für einzelne Tage dauerhaft verzichtet werden kann.

Vorsicht vor Arbeitsverdichtung und Mehrbelastung
„Die Debatte um die Vier-Tage-Woche bietet die riesige Chance, dem Wert von Freizeit, Ehrenamt und vor allem Sorgearbeit Gewicht zu geben“, sagt Johanna Wenckebach, wissenschaftliche Direktorin des Hugo-Sinzheimer-Instituts (HSI) für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung gegenüber der „Frankfurter Rundschau“. Es gehe darum, aus der Perspektive abhängig Beschäftigter zu diskutieren, wie wir leben und arbeiten wollen. Doch sie warnt: „Das Schlagwort wird bereits jetzt als nette Verpackung von Arbeitszeitmodellen genutzt, die Arbeit verdichten und Belastung erhöhen, anstatt für mehr Autonomie, Gesundheitsschutz und Vereinbarkeit zu sorgen.“

Eine Idee – verschiedene Modelle
Statista hat die unterschiedlichen Modelle einer Vier-Tage-Woche zusammengestellt und erläutert.

Studie der Hans-Böckler-Stiftung zur 4-Tage-Woche
Die Vier-Tage-Woche wird öffentlich viel diskutiert. Positive Zwischenergebnisse von Pilotprojekten in Großbritannien haben Schlagzeilen gemacht: Beschäftigte sind mit der verkürzten Arbeitszeit produktiver, weniger gestresst und seltener krank. Auch in Deutschland halten viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Verkürzung ihrer Arbeitswoche unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll, zeigt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Darin untersuchen Dr. Yvonne Lott vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Stiftung und Dr. Eike Windscheid auf Basis aktueller Befragungsdaten, ob Vollzeiterwerbstätige eine Vier-Tage-Woche möchten oder nicht, und aus welchen Gründen.

Kernergebnis: Rund 81 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen wünschen sich eine Vier-Tage-Woche mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit. Knapp 73 Prozent geben dabei an, eine Arbeitszeitverkürzung nur bei gleichem Lohn zu wollen. Acht Prozent der Erwerbstätigen würden ihre Arbeitszeit auch reduzieren, wenn dadurch das Entgelt geringer ausfiel. 17 Prozent der Befragten lehnen eine Vier-Tage-Woche ab, zwei Prozent haben ihre Vollzeittätigkeit bereits auf vier Tage verteilt.
Hier lesen Sie die gesamte Studie zur Vier-Tage-Woche.

Foto: Adobe Stock