Bäko-Workshop: das diskutiert die Branche

Bäko-Workshop: das diskutiert die Branche

Eröffnete den 32. Bäko-Workshop: Gunter Hahn, Vorstand der Bäko-Zentrale.


Mehr junge Teilnehmer, ein gelungener Vortragsmix und eine Moderatorin, die zwei Tage vor der Veranstaltung noch nichts von ihrem Einsatz wusste: der 32. Bäko-Workshop festigte seinen Ruf als DAS Branchenevent mit Tiefgang und Überraschungscharakter. So viele Anregungen in so kurzer Zeit – da hieß es „Geschmeidig bleiben“ (Veranstaltungsmotto), um in der Fülle der Informationen den Durchblick zu behalten und für sich das Richtige mitzunehmen. Kurze Einblicke in ausgewählte Vorträge und ein bisschen Branchen-Klatsch.

Dr. Karl Naughton, Neugierforscher und Umdenken-Pionier.

Das Foto lässt es schon erahnen: Dr. Karl Naughton war die richtige Besetzung für den frühen Workshop-Morgen: der gebürtige Brite nahm sich nicht so ernst und gewann so das Publikum: Seine Mission: Unternehmen müssen lernen, neue Entwicklungen schnell umzusetzen und frühzeitig die Signale dafür zu erkennen. Das geht am besten, wenn man sein Marktumfeld fest im Blick hat. Und ein gutes Betriebsklima. Merksatz von Dr. Naughton: „Heiter denkt weiter.“

Bernd Kütscher, Direktor der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim.

Heiter ist er, dass er weiter denken kann, dafür steht Bernd Kütscher seit Jahren. Und bestätigte das beim Bäko-Workshop: Handwerk sucht Hände war sein Motto. Und das beste dafür ist Ausbildung. Doch die Abbrecherquote liegt bei über 60 Prozent, weil es den Ausbildungsbetrieben nicht gelingt, den jungen Menschen Spaß am Beruf zu vermitteln. „Auszubildende sind keine billige Arbeitskraft”, mahnte Kütscher. Sein Tipp: Betriebe sollten im ersten Lehrjahr tagsüber ausbilden. Das mache den Beruf attraktiver. Damit die Branche überleben kann, müsste es jedes Jahr 1.800 neue Meister geben. Aktuell werden 290 Prüfungen pro Jahr abgenommen. da ist noch viel Luft nach oben.

Anabel Görtz, Bäckermeisterin und Betriebswirtin des Handwerks.

Ohne Social Media läuft nichts bei Anabel Görtz: „Das gehört bei uns einfach dazu!” ermunterte sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum konsequenten Einsatz der digitalen Medien. Sie hat dafür im Unternehmen ein Team aus allen Bereichen gebildet, das sich regelmäßig per Smartphone (WhatsApp) austauscht. Fotos, Informationen und Texte werden für jedes Teammitglied zugänglich auf Google Drive abgelegt. Dadurch sind alle auf dem selben Stand. So entstehen pro Woche drei bis vier Posts bei Facebook und Instagram, die zeigen „was wir können“. Wenn Sie mal schauen wollen: Auf Instagram bei baeckergoertz nachschauen.

Stefanie Steinleitner, Bäckereiunternehmerin.

Eigentlich war es nur eine Idee, von Nachtarbeit auf mehr Tagearbeit zu gehen. Doch als die Medien davon erfuhren stürmte eine Welle von Anfragen auf die Bäckerei von Stefanie Steinleitner und ihrem Mann Markus ein: „Wir haben das Konzept dann in wenigen Wochen umgesetzt.“ Die Tagschicht beginnt um 5 Uhr und arbeitet die Teige für den nächsten Tag auf. Nachts arbeiten jetzt nur noch zwei Mitarbeiter – freiwillig, da sie sich an die Nachtarbeit gewöhnt haben. So will das Unternehmen als Arbeitgeber attraktiver werden. Und wenn mal ein Job frei wird? „Dann fragen wir erst einmal unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ob sie jemanden empfehlen können. So besetzen wir 60 Prozent unserer Stellen.”

Andreas Fickenscher, Brotsommelier und Genusshandwerker.

Genusshandwerker und Digitalisierungsexperte in einer Person – das ist Andreas Fickenscher. Seit 1625 gibt es Fickenschers Backhaus, das er in der 11. Generation führt. Neun Standorten, drei Onlineshops und rund 100 Mitarbeiter hat es. Von der Schichtplanung über Urlaubsanträge bis zur Dokumentation der Reinigung ist alles digitalisiert. Das ging nur, in dem die Mitarbeiter frühzeitig eingebunden wurden und quasi selbst erarbeiteten, welche Vorteile sich aus der konsequenten Digitalisierung ergeben. Oder wie es Fickenscher mit einem abgewandelten Zitat aus dem Kleinen Prinzen verdeutlicht: „Willst du, dass dich deine Mitarbeiter auf der Reise durch Digitalen begleiten, so fordere sie nicht auf, Daten zu sammeln, Ablaufdiagramme zu erstellen und den eigenen Koffer zu packen, sondern schätze ihre Fachkompetenz und wecke ihre Sehnsucht nach Mitgestaltung, vereinfachten Abläufen und kompetenten Kollegen.” Und das funktioniert offenbar sehr gut.

Dr. Fritz Feger, Unternehmensberater für digitale Geschäftsprozesse.

Ein Mann, der entscheidend dazu beigetragen hat, dass bei Fickenschers Backhaus alle Prozesse digitalisiert wurden, ist Dr. Fritz Feger. Sein Credo: Jedes Unternehmen braucht eine Planungssoftware, die alle Kernprozesse in sich vereint: Finanzen, Personalwesen, Produktion, Logistik, Services, Beschaffung und andere. Neudeutsch heißt das Enterprise-Resource-Planning-Tool (ERP). Es hilft, all diese Prozesse integriert zu verwalten. So gibt es immer nur eine Version der Daten. Oder um es mit Fegers Worten zu sagen: ERP statt Excel.

René Borbonus, Spezialist für Kommunikation, Präsentation und Rhetorik.

Klarheit – die braucht es nicht nur bei Daten, die braucht es auch in der Kommunikation. Und damit kommt René Borbonus ins Spiel. Der begnadete Redner kam beim letzten Vor-Corona-Workshop in Berlin 2019 so gut an, dass ihn die Bäko noch einmal verpflichtete. Sein Thema diesmal: „Klarheit – Wissen, was zählt und darüber reden.” In Zeiten, in denen Informationen von allen Seiten auf Menschen einprasseln sei es für viele schwierig, die für sie wichtigen Informationen herauszufiltern. Viele leiden an einer Wahrnehmungsmüdigkeit. Kurz, einfach, stimulierend und strukturiert müsse Kommunikation sein, wenn sie Erfolg haben will. Sie müsse Bilder in den Köpfen auslösen. So wie in seinem Vortrag.

Prof. Dr. Pero Micic, CEO Future Management Group AG.

Lust auf Zukunft – das war die Botschaft von Prof. Dr. Pero Micic. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern brauchen ein positives Zukunftsbild ihres Unternehmens, um sich mit ihm identifizieren zu können: „Wer eine glänzende Zukunft vor sich sieht, erreicht mehr, ist glücklicher und sogar gesünder”, sagt Micic. „Wir brauchen mehr Zukunftsfreude statt Zukunftsangst. Wer Angst vor der Zukunft hat, der kann gar nicht erfolgreich sein.”

Sven Schöpker, Handwerker.

Lust auf Zukunft – die machte auch Sven Schöpker, selbst Handwerker im Ausbaugewerbe. Abwarten sei die falsche Strategie. Wichtig sei es, über die eigene Branche hinauszudenken und sich zu differenzieren, vom Wettbewerb abzusetzen, sein Unternehmen als Marke zu positionieren. Nur wer als Experte wahrgenommen werde, ziehe die Kunden an. Statt zu sagen, Preiserhöhungen kann ich nicht durchsetzen, lieber Produkte anbieten, die so unwiderstehlich sind, dass Kunden sie unbedingt haben wollen. Das gelte auch für den Betrieb als Arbeitgeber: Junge Leute müssten ein positives Bild von dem Unternehmen bekommen, damit sie ihren Freunden stolz davon berichten können. Dafür müsse der Betrieb sich nicht nur modern geben, sondern auch im Denken modern sein und das nach außen zeigen.

Steffi Renz, Moderatorin.

Wie flexibel und spontan Unternehmerinnen sein können, das bewies Moderatorin Steffi Renz. Zwei Tage vor dem Workshop plante sie schon ihr entspanntes Wochenende, doch dann kam der Hilferuf aus der Bäko-Zentrale. Workshop-Macher und Moderator Marcus Höffer war an Corona erkrankt. Renz, die auch schon den Tag des Deutschen Brotes moderierte und die Branche ins Herz geschlossen hat, sagte zu, eilte nach Mannheim und führte souverän durchs Programm. Marcus Höffer konnte getreu dem Workshop-Motto „Geschmeidig bleiben”, sich auskurieren – und wird schon bald mit den Planungen für den neuen Workshop beginnen: 12. bis 14. November 2023 in Berlin.

Fotos: Töpfer