Mehrwertsteuer – das kommt auf Sie zu

Mehrwertsteuer – das kommt auf Sie zu

Die gut gedachte Mehrwertsteuersenkung zum 1. Juli 2020 sorgt für zusätzlichen Aufwand: Kassen- und Systeme müssen neu programmiert werden, damit auf Kassenbons und Rechnungen der richtige Umsatzsteuersatz und -betrag ausgewiesen wird. Das bringt nur Kosten und kein zusätzliches Geschäft, stöhnen rund 80 Prozent der Bäcker bei einer back.intern.-Umfrage. Wir haben für Sie zusammengestellt, welche Sätze künftig gelten und auf was Sie achten müssen. Vorausgesetzt die Bundesregierung beschließt am Freitag die Senkung und der Bundesrat stimmt nächste Woche zu. Aber das gilt als sicher.

Diese Steuersätze gelten ab 1. Juli 2020:

Speisen: Werden bis zum 30. Juni 2021 niedriger besteuert. Bis zum 31. Dezember 2020 sind 5 % abzuführen, vom 1. Januar bis 30. Juni 2021 sind es 7 %. Egal, ob sie vor Ort verzehrt oder mitgenommen werden.

Getränke: Werden bis zum 31. Dezember 2020 mit 16 Prozent besteuert, danach wieder mit 19 %.

Ansonsten gilt: Alle Produkte, für die bislang 19 % Mehrwertsteuer abzuführen waren, sind bis Ende des Jahres mit 16 % zu berechnen, für alle mit 7 % gilt für ein halbes Jahr 5 %.

„Entscheidend ist das Leistungsdatum und nicht das Rechnungsdatum“, sagt Stefan Schmidt, Steuerberater aus Walsrode. Wer also Liefergeschäft hat, muss für sämtliche Leistungen, die bis 30. Juni 2020 erbracht werden, den höhere Steuersatz anwenden. „Das gilt auch, wenn die Leistungen erst im Juli abgerechnet werden“, warnt Schmidt. Unklar ist noch, wie mit Gutscheinen zu verfahren ist: „Hier ist derzeit nicht geklärt, wie die Ausgabe dieser Gutscheine, aufgrund der befristeten Änderung der Steuersätze zu behandeln sind“, sagt Schmidt und rät, einen Beratungstermin mit seinem Steuerberater zu vereinbaren.

Zentralverband warnt vor immensen Aufwand
„Die zeitweise Absenkung der Mehrwertsteuer auf 16 bzw. 5 Prozent verursacht in den Betrieben immensen Aufwand und könnte die Steuersenkung schnell aufzehren,“ erläutert Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks. Der Steuersatz ändere sich binnen zwölf Monaten gleich dreimal und jedes Mal müssten die Kassensysteme umprogrammiert und Preise neu ausgezeichnet werden. „Das bringt Chaos, kostet nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld, da in vielen Fällen Dienstleister beauftragt werden müssen. Aus dem „Wumms“ von Herrn Scholz wird damit schnell ein „Pfft“.

Goecom: Umstellung der Mehrwertsteuersätze ist einfach
Nach Einschätzung des Software-Spezialisten Goecom ist die Umstellung für Bäcker mit dem Programm Marvin mit geringem Aufwand verbunden. Wesentliche Einstellungen zur Änderung seien schnell zu treffen, alle anderen Anpassungen werden, sofern solche überhaupt nötig sind, vom Supportteam zeitnah per Fernwartung durchgeführt. Die meisten Einstellungen könnten die Kunden schon jetzt treffen, weil diese datumsbezogen abgelegt werden. Eine ausführliche Anleitung steht für alle Kunden kostenlos auf der Homepage zur Verfügung oder kann per Email zugesendet werden. Auf der Goecom-Homepage gibt es eine ausführliche Hilfe-Datei zum Thema.

Kein Effekt auf den Konsum
Nach Ansicht des FDP-Wirtschaftspolitikers Christian Dürr wird die vorübergehende Absenkung der Mehrwertsteuer keinen wesentlichen Effekt auf den Konsum haben. Dem Online-Dienst „Hauptstadt – Das Briefing“ sagte Dürr: „Selbst wenn der reduzierte Steuersatz zu 100 Prozent bei den Verbrauchern ankommt, werden die Menschen kaum etwas davon im Portemonnaie spüren. Wer rund 350 Euro im Monat für Lebensmittel ausgibt, wird im besten Fall knapp sechs Euro sparen.“ Und auch er warnt: „Die Unternehmen müssen im Juli und zum 1. Januar einen massiven Aufwand betreiben, um die Änderungen bei der Mehrwertsteuer umzusetzen und später wieder rückgängig zu machen. Diese Maßnahme der Großen Koalition ist ein Beispiel von gut gemeint, aber schlecht gemacht.“

Foto: Adobe/MQ-Illustrations