Höhere Nachfrage bei Tafeln

Höhere Nachfrage bei Tafeln

Fast vierzig Prozent der bundesweit über 950 Tafeln verzeichnen im Vergleich zum September 2020 mehr Kundinnen und Kunden. Bei weiteren vierzig Prozent der Tafeln sei die Anzahl der Gäste zwar gleichgeblieben, ihre Zusammensetzung habe sich jedoch verändert, meldet Tafel Deutschland. „Wir sehen bei den Tafeln immer mehr Menschen, die durch die Pandemie in eine existenzielle Notlage geraten sind. Die Situation der Menschen hat sich seit dem Herbst weiter zugespitzt. Ersparnisse sind aufgebraucht, ganze Branchen liegen lahm, nicht alle Betroffenen können die Soforthilfen des Staates beantragen– oder das Geld kommt viel zu spät“, sagt Jochen Brühl, Vorsitzender der Tafel Deutschland.

So sei die Steigerung besonders deutlich bei Menschen, die Kurzarbeit oder ALG II beziehen. Sie sind nochmals um 35 bzw. 33 Prozent gestiegen. Auch der Anteil der Rentnerinnen und Rentner sei mit 30 Prozent erheblich angestiegen. Merklich gesunken (23 Prozent) sei einer allgemeinen Entwicklung folgend die Zahl der Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Pandemiebedingt bleiben darüber hinaus weitere langjährige Kunden fern und können nicht unterstützt werden.

Zielgerichtete und nachhaltige Hilfen und Aufbau-Fonds
Der starke Anstieg der Langzeitarbeitslosen unter den Tafel-Kunden sei auch ein Zeichen dafür, dass die ALG-II-Sätze aufgrund der gestiegenen Kosten während der Pandemie dringend hätten erhöht werden müssen. „Eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 150 Euro nach einem Jahr Pandemie ist ein Witz. Arme Menschen wurden von der Krise am härtesten getroffen und am wenigsten unterstützt“, so Brühl. „Bei den meisten Menschen sind die Kräfte aufgebraucht. Aber nicht für alle wird sich die Situation im Sommer schnell und nachhaltig bessern. Und die Auswirkungen auf Altersvorsorge und Renten wird sich noch in Jahren zeigen. Die soziale Frage wird sich neu und drängender denn je stellen“, sagt Brühl. Von der Politik fordert Brühl zielgerichtete sowie nachhaltige Hilfen und Aufbau-Fonds, die zeitlich über die konkreten Einschränkungen durch Lockdowns und Schutzmaßnahmen hinausgehen. Außerdem müssten die ALGII-Sätze endlich den tatsächlichen Bedarfen angepasst und dauerhaft auf mindestens 600 Euro erhöht werden.

Die aktuellen Zahlen zur Kundenentwicklung gehen zurück auf eine interne Befragung der Tafeln im Frühjahr 2021. Zuletzt hatte Tafel Deutschland im September 2020 die Kundenzahlen erhoben. Damals hatten sich Zu- und Abnahme der Tafel-Nutzer:innen insgesamt noch ausgeglichen, allerdings kamen bereits etwas mehr Menschen, die Kurzarbeit oder ALGII beziehen. Dieser Trend hat sich nun fortgesetzt und verdeutlicht.

Foto: Lisa-Marie Kaspar