Bosselmanns emotionaler Appell an Kunden und Politik

Dieses Video hat den Nerv der Zeit getroffen: Mit einem emotionalen und dramatischen Appell hat sich Dr. Gerhard Boßelmann von Bosselmann – die Landbäckerei aus Hannover an seine Kunden und die Öffentlichkeit gewandt, um vor den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise für die Backbranche zu warnen. 1,5 Millionen Mal wurde das am Freitag Mittag auf Facebook gepostete Video innerhalb von 9 Stunden angeschaut (Stand 20. März 2020, 21:00 Uhr). Tendenz stark steigend. Das Video finden Sie hier.

„Wir brauchen einen Mindestumsatz, sonst wird unser Unternehmen nach 6 bis 8 Wochen sterben“, warnt Boßelmann. Das Unternehmen sei auch in dieser schwierigen Situation für die Kunden da, jetzt müssten sie zum Unternehmen halten. Und beim Handwerksbäcker einkaufen. „Bitte gehen Sie zu Ihrem Bäcker. Ob er Göing, Raute oder Rebeschke heißt, ist völlig egal. Sie retten damit Arbeitsplätze. Bei Bosselmann sind es 205. Wir haben alle um unsere Jobs eine Scheißangst.“ Bosselmann werde 10 der 25 Filialen vorübergehend schließen müssen.

Sorgen bereiten ihm auch die zugesagte Unterstützung der Politik: „Die Förderungen, die die Bundesregierung versprochen haben, kommen bei den mittelständischen Unternehmen überhaupt nicht an“, warnt Bosselmann.“ Die KfW werde erst im Mai entscheiden können, bei den Arbeitsagenturen lägen 800.000 Anträge vor. „Der Mittelstand wird fallengelassen. Es ist eine Katastrophe.“

Viel Lob bekam Bosselmann für seinen Dank an seine Mitarbeiter, die kein Home Office machen könnten, und die Mitarbeiter in den Krankenhäusern: „Alle Mitarbeiter im Gesundheitsdienst, alle Ärzte, Krankenschwestern, Rettungswagenfahrer, bekommen alles was sie brauchen an haushaltsüblichen Backwaren bei Bosselmann umsonst. Alle Rettungskräfte sind jederzeit willkommen – als Dankeschön.“

Ärger wegen Dienstanweisung
Ärger bereitet ihm eine interne Dienstanweisung, in der er Mitarbeitern mit Kündigung droht: „Krankmeldungen wegen Erkältung ohne Fieber werden nur mit vorgelegter Corona-Testierung akzeptiert. Andernfalls werden wir keine Lohnfortzahlung zahlen“, heißt es nach Informationen der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) in dem Aushang. Bosselmann räumte gegenüber der HAZ Fehler bei der Wortwahl ein: „Ich habe vielleicht einen scharfen Ton gewählt.“ Doch mit Blick auf das Verhalten einzelner erscheine ihm eine klare Ansage für sinnvoll: „Mitarbeiter berichten mir, dass sie bei Corona-Partys oder einem Kindergeburtstag waren, und jetzt nicht wissen, ob sie weiterhin zur Arbeit kommen sollen. Wenn einzelne Mitarbeiter durch ihr Verhalten den gesamten Betrieb gefährden, muss man deutliche Worte finden.“