Lindt bekommt Ärger wegen Dubai-Schokolade

Lindt bekommt Ärger wegen Dubai-Schokolade


Ein Importeur von Schokolade aus Dubai will gegen Nachahmer vorgehen und greift den Schweizer Schoko-Konzern Lindt & Sprüngli sowie Lidl, Aldi und Co. an. Wie die „Lebensmittel Zeitung“ (LZ) berichtet, drohe der Importeur mit juristischen Schritten, weil nur er echte „Dubai Schokolade“ in Europa vertreiben dürfe. Die LZ hat Rechtsexperten dazu befragt, ob es bei dem Hype-Produkt auf die geografische Herkunft oder die Rezeptur ankommt.

Müssen Anbieter von Dubai-Schokolade sich vor den Abmahnungen fürchtet? Der Unternehmer Andreas Wilmers hat Lindt laut LZ aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, weil die von den Schweizern angebotene „Dubai Chocolade“ nicht aus Dubai stammt. Es handele sich um eine Verbrauchertäuschung, da die angesprochenen Verbraucher davon ausgingen, dass die Schokolade auch aus Dubai kommt.

Die Abmahnung von Wilmers‘ Rechtsanwalt gegenüber Lindt stützt sich auf § 127 des Markengesetzes. Dort heißt es wörtlich: „Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.“

Zudem berufe sich das Schreiben, das der LZ-Redaktion vorliegt, auf drei Urteile, die unzutreffende Verwendungen von geographischen Herkunftsangaben bereits als Verstoß gegen das Markengesetz gewertet hätten.

Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) widerspricht dieser Einschätzung: „‘Dubai-Schokolade‘ ist lebensmittelrechtlich als eine typische ‚Gattungsbezeichnung‘ anzusehen: Der Name bezieht sich zwar auf ein geografisch umgrenztes Gebiet – Emirat Dubai –, die Verbraucher verbinden damit aber eine Information zur Beschaffenheit des Erzeugnisses insbesondere zur Zusammensetzung der überwiegend nicht lokalen Zutaten“, sagte BDSI-Hauptgeschäftsführer Carsten Bernoth gegenüber der LZ. Als Beispiele für solche Gattungsbezeichnungen bei Lebensmitteln führt Bernoth „Wiener Würstchen“ und „Pils“ an. „Dubai-Schokolade“ dürfe daher nicht nur in Dubai, sondern überall auf der Welt, also auch von deutschen Chocolatiers oder privaten Schoko-Fans hergestellt werden.


Unterschiedliche Meinungen in der Fachwelt
In der juristischen Fachwelt gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen dazu, ob es sich bei dem Trendprodukt um eine Gattung oder um eine Herkunftsbezeichnung handelt. „Aus meiner Sicht lässt sich nicht so eindeutig sagen, dass ‚Dubai‘ im Zusammenhang mit Schokolade keine Herkunft bezeichnet“, sagt Sonja Schulz, Partnerin der Kanzlei Zenk im Gespräch mit der LZ. „Für die Gerichte und Behörden ist entscheidend, was der angesprochene Verkehr unter ‚Dubai-Schokolade‘ versteht. Nur weil in der TikTok- und Linkedin-Blase jeder weiß, dass es um eine spezielle Rezeptur geht, heißt das noch lange nicht, dass dies auch für den durchschnittlichen Supermarktkunden gilt“, erläutert Schulz. „Ich habe Zweifel, ob ein kurzfristiger Hype, der vor allem online in einer begrenzten Bevölkerungsgruppe stattfindet, ausreichend ist, um die grundsätzlich geografische Angabe ‚Dubai‘ rechtlich in ein Produktcharakteristikum zu verwandeln.“

Der Lebensmittelrechtsexperte Alfred Hagen Meyer von Meyer Rechtsanwälte ist dagegen der Auffassung, dass es sich bei dem Begriff „Dubai-Schokolade“ um einen Gattungsbegriff handelt, der lediglich auf eine bestimmte Rezeptur des Produktes hinweise. „Das bedeutet, dass die Bezeichnung ‚Dubai-Schokolade‘ – ebenso wie die Bezeichnung ‚Münchner Weißwurst‘ oder ‚Thüringer Klöße‘ – lediglich für eine Rezeptur steht.“ Letztlich sei die Dubai-Schokolade ein schönes Fallbeispiel für ausgeklügeltes Marketing. Die in der Abmahnung aufgeführten Urteile seien nicht auf das Hype-Produkt übertragbar. „Himalaya-Salz“ werde im Himalaya-Gebiet gewonnen. Das konkrete Produkt, über das der BGH entschied, stammte jedoch nicht von dort. Beim Chiemseer-Bier, das in Rosenheim gebraut wurde, gelte der Grundsatz „Bier hat Heimat“, Dubai habe aber keine Heimat für Schokolade.


„Weder aus dem Lebensmittelrecht noch aus dem Recht der geographischen Herkunftsangaben heraus sehe ich Unterlassungsansprüche begründet“, sagt auch Marc Pütz-Poulalion von der Kanzlei Merx Pütz. „Der angesprochene Verkehr hat seine Auffassung von ‚Dubai-Schokolade‘ auf Basis der typischen Rezeptur gebildet. Die Gefahr einer Irreführung über die geografische Herkunft der Schokolade besteht daher nicht“, erläutert Pütz-Poulalion im Gespräch mit der LZ.
„Es wird ein Fest – auch für Anwältinnen und Anwälte!“, resümiert der Rechtsinfluencer Oliver Löffel, der auf der Online-Plattform Linkedin einige viel beachtetet und kommentierte Posts zu den Rechtsfragen rund um „Dubai-Schokolade“ veröffentlicht hat. Dort wird auch darüber spekuliert, ob die rechtlichen Schritte, die Andreas Wilmers eingeleitet und angekündigt hat, in erster Linie dem Eigenmarketing dienen sollen. Wilmers ist jedoch überzeugt, dass Dubai-Schokolade aus Dubai stammen muss, wie „Aachener Printen aus Aachen“.

Ob der Importeur von „Fex Dessert“-Schokolade aus Dubai wirklich den Schritt vor Gericht gegen Größen wie Lindt und Lidl sagt, wird sich gegebenenfalls noch vor Weihnachten zeigen. Die Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung läuft am 12. Dezember für Lindt ab.