Paludikultur: Landwirtschaft auf Mooren
Das Verbundvorhaben Moosland erforscht eine ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliche Landwirtschaft auf Moorflächen. Ein Team der Universität Osnabrück spricht dafür mit regionalen Akteuren. Entwässerte Moore stoßen in Niedersachsen so viel CO2 aus wie der gesamte Verkehr des Bundeslandes. Das sind fast 20 Prozent der Gesamtemissionen Niedersachsens – so die Zahlen des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz für das Jahr 2020. Moore bieten daher ein großes Potenzial für den Klimaschutz: Werden sie wiedervernässt stoßen sie wesentlich weniger CO2 aus und können sogar Kohlenstoff binden. Da die meisten trockengelegten Moore landwirtschaftlich genutzt werden, wollen die Forscherinnen und Forscher des Moosland-Projekts herausfinden, wie nachhaltige Landwirtschaft auch auf nassen Mooren funktioniert.
Bedürfnisse der Landwirtschaft verstehen
Das 10-Jahres-Verbundvorhaben baut auf bisherigen Forschungen auf, die bereits gezeigt haben, dass die sogenannte Torfmoos-Paludikultur umsetzbar und rentable ist. Besonders wichtig ist den Forschern dabei der Austausch mit den Menschen, die auf den Moorflächen leben und arbeiten: Sie wollen ihre Bedürfnisse verstehen und Akzeptanz für eine nachhaltige Landwirtschaft schaffen.
Beteiligte des Verbundprojektes
Das Verbundprojekt der Universitäten Greifswald, Vechta, Oldenburg und Osnabrück, der Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz, dem Torfwerk Moorkultur Ramsloh sowie der moorreichen Landkreisen Ammerland und Diepholz wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Projektträger ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe.
Paludikultur und die Historie der Moore
„Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Moorflächen, auch Paludikultur genannt, kann auf vielfältige Weise gelingen“, erklärt Dr. Laura Herzog, Umweltsystemforscherin an der Universität Osnabrück. Zum Beispiel durch den Anbau von Schilf oder Rohrkolben als Baumaterial, die Haltung von Wasserbüffeln oder die Ernte von Sonnentau als Heilpflanze. „In unserem Projekt konzentrieren wir uns aber auf Moose, die als Torfersatz im Gartenbau eingesetzt werden können.“ Eine solche Veränderung muss aber von den Menschen, die in diesen Regionen arbeiten und leben, mitgetragen werden. Deshalb frage man in Workshops nach und höre zu: Was bedeutet den Menschen das Moor? Welche Zukunftsvorstellungen haben sie für ihre Landschaft, gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels und des Artensterbens? Welche Geschichten erzählen sie sich über Moore und welches Wissen darüber geben sie weiter?
Plattform zum Austausch
Für die Zusammenarbeit mit den Menschen in der Projektregion soll eine Plattform entstehen, auf der sich Landwirtinnen und Landwirte informieren und vernetzen können. Durch ein Handbuch zur Umsetzung von Torfmoos-Paludikultur und ein Informationssystem, mit dem potentielle Flächen für Paludikultur identifiziert werden können, sollen Landnutzerinnen und Landnutzern sich informieren und eine Umstellung planen können.
Umstellung der Erdenindustrie
Im Klimaschutzprogramm 2030 hat sich die Bundesregierung vorgenommen, Torf weitgehend im Gartenbau zu ersetzen. Das erfordert eine Umstellung in der Erdenindustrie. Auch deshalb ist ein Torfwerk Projektpartner im Verbundvorhaben. „Wir zeigen auf zwei Testflächen, auf denen bereits erfolgreich Torfmoos-Paludikultur angewendet wird, dass diese Paludikultur rentabel und zukunftsfähig ist“, so die Osnabrücker Umweltsystemforscherin Herzog.
Moore als Klimahelden
Wiedervernässte Moore seien wahre Klimahelden, erklärt Dr. Jens-Uwe Holthuis, Projektleiter der wiedervernässten Moorfläche in Barver, Landkreis Diepholz. Da sie viel CO2 speichern, könne gerade hier die Landwirtschaft durch klimagerechte Bewirtschaftung der Moore Pluspunkte sammeln. Daneben hätten nasse Moore auch regulierende Funktionen: Sie würden Wasser speichern, vor Trockenheit und Hochwasser schützen und seien Lebensräume aus zweiter Hand für bedrohte Tierarten. „Unsere Demonstrationsanlage zeigt, dass das Geschäftsmodell mit Torfmoos nachhaltig funktioniert““, so Holthuis. „Die Flächen müssen der Landwirtschaft nicht verloren gehen, wenn ein Moor wiedervernässt wird.
Attraktive Absatzmärkte und neue Finanzierungsmodelle
Im Gegenteil, Torfmoos hat attraktive Absatzmärkte: Als Substratrohstoff im Gartenbau oder als Ansaat für die Restaurierung von Torfabbauflächen, auf denen nach Ende des Abbaus wieder Torfmoose wachsen sollen. So schaffen wir eine ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliche Form der Landwirtschaft. Im Geschäftsmodell Paludikultur beruht alles auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und des in Mooren schon immer praktizierten kooperativen Zusammenspiels der Akteure. Auch eröffnen sich neue Finanzierungsmodelle, wie der Klimawirt.
Der Landkreis Ammerland gehört angesichts seiner Größe zu den moorreichsten Landkreisen Deutschlands. „Hier ist nicht nur Moorschutz, sondern auch die Land- und Baumschulwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Wir begrüßen daher das MOOSland Projekt, weil es sich zum Ziel gesetzt hat, für diese Interessensgruppen praxisnahe Lösungen zu finden bzw. weiterzuentwickeln“, sagt Hendrik Lehners, Leiter des Amtes für Umwelt und Klimaschutz im Landkreis Ammerland. Das Projekt biete die große Chance, die verschiedenen Akteure – Landwirte, Baumschulen, Gemeinden und Wissenschaftler – zusammenzubringen und neue Synergien zu schaffen.
Der Anbau von Torfmoos-Biomasse durch Paludikultur auf wiedervernässten Mooren kann einen sozialverträglichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Hier kann Niedersachsen mit Projekten wie Moosland eine entscheidende Rolle spielen.
Foto: istock/ Edda Dupree