„Kahlschlag auf dem Arbeitsmarkt“

„Kahlschlag auf dem Arbeitsmarkt“

Noch problematischer als Corona sei der Fachkräftemangel, sagt Daniel Terzenbach (Foto), Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, im Interview mit „ZEIT online“ und fordert eine gezielte Einwanderungspolitik. Der Arbeitsmarkt sei auch nach zwei Jahren Pandemie und Hundertausenden in Kurzarbeit gut aufgestellt. Mit dem Kurzarbeitergeld sei es gelungen, weit über drei Millionen Menschen in Beschäftigung zu halten. Derzeit würden die Anträge auf Kurzarbeit wieder steigen, aber er erwarte nicht ein so großes Ausmaß wie im ersten und zweiten Lockdown.

Niedrige Arbeitslosenquote, aber Demographie schlägt durch

Die Arbeitslosenquote war im Sommer 2021 so niedrig wie noch nie, dennoch gibt es eine große Knappheit an Arbeitskräften mit niedriger Qualifikation. Dafür sei in vielen Regionen bereits heute die Demografie verantwortlich, die bundesweit in den kommenden Jahren voll durchschlagen werde. Es werde einen Kahlschlag am Arbeitsmarkt geben, so Terzenbach. Daher setze man weiter auf Qualifikation, um eine Arbeitskaft vom klassichen Helfer zur Fachkraft weiterzubilden. Denn der Bedarf an Kräften ohne nachhaltige Qualifikation werde massiv sinken. Langfristig werde der Bedarf an qualifizierten und hochqualifizierten Fachkräften sehr hoch sein.

Qualifizierung und Zuwanderung als Lösung

Neben der Qualifizierung nennt Terzebach die Zuwanderung als wichtigen Beitrag, um den Bedarf an Fachkräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt zukünftig decken zu können. Deutschland brauche viel mehr Fachkräfte aus der EU und auch aus Drittstaaten. Bis zu 900.000 Fachkräfte würden jedes Jahr das Land verlassen. Die Bundesagentur für Arbeit habe gerade eine Studie in Auftrag gegeben, warum die Menschen wieder gehen. Eine Vermutung sein, dass die Integration nicht gelinge, weil es keine echte Willkommenskultur gebe. Zudem starten Länder wie Polen, Bulgarien und Rumänien gezielt Rückholaktionen für ihre Fachkräfte, um ihren eigenen großen Arbeitskräftebedarf zu decken.

Auswirkungen der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro

Terzenbach bewertet den Arbeitsmarkt in Deutschland als robust. Natürlich sei die Anhebung auch mit Risiken verbunden, doch hätten sich die Bedenken, dass ein höhrerer Mindestlohn Arbeitsplätze kosten könnte, nicht bewahrheitet. Es komme vielmehr auf die Umsetzung und die Geschwindigkeit an. Positive Auswirkungen wie steigende Einnahmen in den Sozialversicherungen und ein höheres Lohnniveau seien ebenfalls mit dem Mindestlohn verbunden. In der steigenden Inflationsrate sieht Terzenach kein langfristiges Problem, das Einfluss auf den Arbeitsmarkt haben werde.

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Foto: Bundesagentur für Arbeit