Sprache ist der Schlüssel

Sprache ist der Schlüssel

Der Leiter des Mühlentechnikums Jochen Köber erklärte Simone Fischer, Theresa Schopper und Franziska Brantner die Unterschiede zwischen Schrot, Grieß und Dunst (im Vordergrund, von links). Foto: GSIH:TO

Die gewerbliche Schule Im Hoppenlau mit Technischer Oberschule Stuttgart (GSIH:TO) möchte zeigen, wie eine Berufsschule Schüler mit Migrationshintergrund oder aus einem schwachen sozialen Umfeld für für die Ausbildung machen kann. Darüber informierte die Schule jetzt Politikvertreter, die sie zu sich eingeladen hatte. Man habe im Bereich der dualen Ausbildung mit 34 Prozent einen sehr hohen Anteil an neuzugewanderten Schüler, meldet die Schule. Zuletzt habe man einen starken Zulauf der gezielten Zuwanderung aus den nordafrikanischen Maghreb-Ländern, aus Madagaskar, Vietnam und Indien bemerkt. „Die große Herausforderung ist, alle auf das nötige Sprachniveau B1 zu bringen“, sagte Schulleiter Dr. Andreas Baitinger. Eingeladen waren die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Bündnis 90/ Die Grünen), die Heidelberger Bundestagsabgeordnete und Bündnis 90/ Die Grünen-Bundesvorsitzende Dr. Franziska Brantner sowie die Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Simone Fischer (Bündnis 90/ Die Grünen).


Damit der Schule die Förderung gelingt, sei ein umfangreiches Konzept entwickelt worden. Neben vielfältigen Sprachförderkursen gibt es Programme zur Verbesserung des Lernens, zum Ausgleich von Lernrückständen und zur Unterstützung der sozialen Kompetenzen der Schüler. Hinzu kommen ausbildungsvorbereitende Klassen, in denen die Förderung der Ausbildungsreife im Vordergrund stehen.


Kümmern und stetiger Kontakt
Den Rahmen dieses Konzepts bilden die Förderprogramme der Stadt Stuttgart und des Landes Baden- Württemberg. Der stellvertretende Schulleiter Peter Knöll mahnte, diese auch in Zeiten schlechter Haushaltslage zu erhalten.
Was die Maßnahmen an der Hoppenlau alle vereint, ist die Aufmerksamkeit für die Auszubildenden. Von Franziska Brantner gefragt, wie man als Schule auf das große Problem des Schulschwänzens – im Fachjargon Absentismus genannt – reagiert, entgegnete Liane Wermter, Abteilungsleiterin der Technischen Oberschule, schlicht: „Mit Kümmern und einem stetigen Kontakt.“ Es ist auch schon angedacht, dass die Jugendsozialarbeit morgens bei den Schülern vorbeigeht und schaut, warum sie nicht kommen.


Sprachförderung in den Betrieben 
Mittlerweile werden ausländischen Auszubildende auch gezielt angeworben, was in der Regel über Agen- turen in den Heimatländern erfolgt. „Engagieren sich die Agenturen über den Anwerbeprozess hinaus, wenn die jungen Leute da sind?“ bat Kultusministerin Theresa Schopper um Infos aus der Praxis. Hier ver- wies Schulleiter Baitinger auf die gute Zusammenarbeit mit Magic Billion, der Agentur für die Anwerbung indischer Arbeitskräfte in Baden-Württemberg. Nach den Erfahrungen der Schule gibt es aber auch Agenturen, die sich in dieser Hinsicht weniger engagieren.
Damit der Spracherwerb gelingen kann, sollten die Azubis nicht nur in der Schule, sondern auch bei der Arbeit und in der Freizeit Deutsch sprechen. „Die Sprachförderung ist auch Aufgabe der Betriebe“, betonte Manuela Bilger, Leiterin der Abteilung 2 (Lebensmittelhandwerk) an der GSIH:TO.

Die seit 1926 bestehende Gewerbliche Schule Im Hoppenlau mit Technischer Oberschule ist das Bildungszentrum für Nahrung und Körperpflege in Stuttgart. Hier wird in Ergänzung zu der Ausbildung in den Betrieben der Berufsschulunterricht für zahlreiche Ausbildungsberufe erteilt, darunter Bäcker, Konditoren, Müller, Fleischer sowie Fachverkaufspersonal in Bäckereien, Konditoreien und Fleischereien. Ein- und zweijährige Berufsfachschulen vermitteln die berufliche Grundlage vor dem Einstieg in die duale Ausbildung. Konditoren und Müller bereiten sich an der Hoppenlau-Schule auf die Meisterprüfung vor. Sie ist Deutschlands einzige Schule dieser Art für Müller oder auch Verfahrenstechnologen in der Mühlen- und Getreidewirtschaft, wie der Beruf heute heißt. Seit 2007 besteht zudem eine weltweit einzigartige “Kooperation der Müller-Meisterschule Stuttgart und der Schweizerischen Müllereifachschule St. Gallen (SMS)”.

Weitere Fremdsprache: Schwäbisch

„Die Sprache ist der Schlüssel zu allem,“ lautete das Fazit von Al Sino Nihat, Friseur im dritten Lehrjahr. Er stammt aus Syrien und spricht mit seinen Kindern daheim konsequent Deutsch. Yasminatou Neamblang hat in ihrem Heimatland Kamerun mit Deutschkursen begonnen und führt diese nun während ihrer Ausbildung zur Fleischerfachverkäuferin fort. In den Gesprächen mit Kunden kommt sie dennoch mitunter an ihre Grenzen: „Viele Kunden sprechen eigentlich nicht Deutsch, sondern Schwäbisch. Das ist für mich eine weitere Fremdsprache,“ schmunzelte sie.
International begehrte Fachkräfte 
Mit den Müllerschulen in Stuttgart und im niedersächsischen Wittingen gibt es in Deutschland nur zwei Berufsschulen für die Branche. Die Hoppenlau-Schule bietet zusätzlich zur Ausbildung Plusprogramme an, die vertieftes Wissen rund um Getreidereinigung und -vermahlung sowie zur Mühlenelektrik und Anlagensteuerung bieten. Außerdem kooperiert sie mit der Schweizerischen Müllereifachschule in St. Gallen. Dort kann man im Anschluss an den deutschen Meistertitel den Kurs zum renommierten Müllereitechniker absolvieren.