Bessere Energiebilanz für Großbäcker
Der 24-Stunden-Betrieb kostet Unternehmen wie Harry-Brot, Sinnack und Aryzta viel Energie. Die Brot- und Backwarenhersteller versuchen daher, ihren Verbrauch zu senken, wie die „Lebensmittel Zeitung“ meldet. Bei steigenden Produktionsmengen ist das allerdings nicht einfach. Die Betriebe setzen mit verschiedenen Methoden an, um Strom und Gas einzusparen und weniger CO2 auszustoßen. Weniger Strom und Gas einzusetzen – das ist ein Baustein der Nachhaltigkeitsbemühungen und soll energieintensiven Betrieben auch dabei helfen, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren. Wie bei anderen Herstellern gehören Klimaschutz und nachhaltigere Verpackungen bei den Großbäckern inzwischen untrennbar zum Geschäft, nicht zuletzt durch gesetzliche Vorgaben und Druck aus dem Handel, so die „Lebensmittel Zeitung“. „Nachhaltigkeitsziele werden von allen Händlern gefordert – der Nachdruck ist da“, sagt Harry-Brot-Vertriebsgeschäftsführer Frank Kleiner. Sie zu erfüllen, sei Voraussetzung, um weiter an Rewe, Edeka, Aldi und Co. liefern zu können. Der deutsche Marktführer für Brot und Backwaren ist Mitglied der Science Based Targets Initiative, die sich zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens bekennt. Das Unternehmen ist selbst gerade dabei, seine Klimaschutzziele abzustecken. An den eigenen Standorten spielt der Energieverbrauch eine entscheidende Rolle für den CO2-Ausstoß.
Kleine Maßnahmen wichtig
Deshalb sei es wichtig, das Bewusstsein zu schärfen: Auch kleinere Maßnahmen könnten einiges bewirken, sagt Kleiner. Es gilt, an vielen Punkten anzusetzen – das wissen auch die Verantwortlichen der österreichischen Bäckerei Therese Mölk, die zum Händler MPreis gehört. Eine neue Kälteanlage im Zentrallager, LED-Leuchten und andere Erneuerungen sorgen laut Wolfgang Madl, Leiter Energie und Umwelt, dafür, dass der Verbrauch zurückgeht. „Wie man die Öfen anfährt, ist entscheidend. Sie sollten erst betriebsbereit sein, wenn die Brote kommen“, sagt auch Kleiner.
Ein weiterer Punkt: Durch Wärmerückgewinnung ist weniger Erdgas nötig. Vergangenes Jahr hat Harry laut eigenen Angaben 30 Gigawatt Gas eingespart. Der Großbäcker setzt sich auch mit anderen Energieträgern auseinander und testet den Einsatz von Thermoöl, das mit Strom erhitzt wird, zum Backen. Zudem produzieren vier Photovoltaikanlagen und ein Blockheizkraftwerk eigenen Strom und Wärme, sodass drei bis fünf Prozent des Jahresenergiebedarfs aus eigener Erzeugung stammen.
Derzeit wird das Blockheizkraftwerk mit Erdgas befeuert. Das sei zwar effizient, aber schlecht für die CO2-Bilanz. Deshalb lotet der Großbäcker andere Maßnahmen aus – etwa Brotreste in Biogasanlagen zu verwerten. Beim Thema Windkraft gehe es nicht weiter. „Die Herausforderung sind die Genehmigungsverfahren. Wir möchten gern ein Windrad aufstellen, aber wir erhalten für unseren Standort keine Genehmigung.“
Tests mit grünem Dünger
Der größte Teil der CO2-Emissionen fällt nicht in der Brotherstellung, sondern in der Lieferkette an – bei Harry sind es rund zwei Drittel. Um den Ausstoß schon beim Getreideanbau zu senken, testet das Unternehmen zusammen mit dem Düngemittel-Hersteller Yara und der Bindewald und Gutting Mühlengruppe den Einsatz sogenannten grünen Düngers. Dabei wird Ammoniak nicht mit fossilen Brennstoffen wie Erdgas, sondern mithilfe erneuerbarer Energien hergestellt. Der CO2-Fußabdruck des Getreides könne so um bis zu 30 Prozent geringer als beim herkömmlichen Dünger ausfallen.
Bislang ist das aber ein rein rechnerischer Wert. Demnächst sollen erste Ergebnisse vorliegen. Allerdings sind die Werte schwierig zu vergleichen: Wie viel Dünger tatsächlich auf den Feldern eingesetzt wird, hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel von der Witterung. Welche Rolle die grünen Düngemittel künftig spielen werden, sei auch eine Kostenfrage. „Dies kann nur gelingen, wenn alle in der Wertschöpfungskette bereit sind, Geld dafür in die Hand zu nehmen“, sagt Kleiner.
Um unabhängiger vom Erdgas zu werden, gilt grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien als Hoffnungsträger. Noch ist er aber nicht ausreichend verfügbar. Es fehlt an Windrädern, Anlagen zur Herstellung sowie Speichermöglichkeiten. Der Backwarenhersteller Sinnack würde ihn gern einsetzen, um klimaneutral produzieren zu können. Der Eigenmarken-Produzent wollte das in den nächsten vier Jahren schaffen. „Bis 2028 ist das Ziel nicht realistisch zu erreichen“, sagt Geschäftsführer Holger Wüpping-Sinnack nun. Der Grund: Bis dahin werde nicht genügend grüner Wasserstoff als Alternative zu Erdgas zur Verfügung stehen. „Aber wir haben unsere CO2-Emissionen zwischen 2017 und 2024 um 50 Prozent gesenkt und werden sie weiter reduzieren, um in absehbarer Zeit klimaneutral zu sein“.
Teurer grüner Wasserstoff
Die Bäckerei Therese Mölk ist bei grünem Wasserstoff schon einen Schritt weiter. Im Rahmen eines Pilotprojektes beheizt sie ihre Backöfen damit, um die CO2-Emissionen zu senken, denn Österreich will bis zum Jahr 2040 klimaneutral sein. Allerdings stellen die hohen Kosten noch ein Problem dar. Betriebswirtschaftlich sinnvoll sei der Einsatz bisher nur im Sommer, wenn es einen Überschuss an erneuerbarem Strom gebe, so Wolfgang Madl von MPreis. Noch möchte der Händler sich nicht dazu äußern, wie viel CO2 sich einsparen lässt, da er sich noch auf die „Erprobung und Verbesserung der Verbrennung von Wasserstoff“ konzentriere.
Ein wichtiger Teil der Nachhaltigkeitsstrategie ist auch die eigene Stromproduktion. MPreis erzeugt 8 bis 10 Prozent des Bedarfs selbst. Bisher hat das Unternehmen 78 Photovoltaik-Anlagen auf Märkten und Produktionsstätten installiert. „Wir gehören zu den größten Stromerzeugern in West-Österreich“, sagt Mathias Mölk, Mitinhaber des Händlers und Chef der Bäckerei. Der Ausbau soll weitergehen, allerdings werden die Dächer für Anlagen knapp, da sich nicht alle Märkte im Eigentum befinden.
Aryztas regenerative Landwirtschaft
Beim Tiefkühlbäcker Aryzta stand Nachhaltigkeit nicht im Fokus, da der Schweizer Konzern jahrelang in einer schweren wirtschaftlichen Krise steckte. Nun hat sich das international tätige Unternehmen ebenso wie Harry-Brot der Science Based Targets Initiative angeschlossen. Bis 2028 sollen die Treibhausgas-Emissionen aus dem eigenen Betrieb und eingekaufter Energie um gut ein Drittel im Vergleich zu 2022 sinken. Die Einsparziele für die Lieferkette, die für mehr als 80 Prozent der Emissionen verantwortlich ist, stellt Aryzta gerade auf und will sie nächstes Jahr veröffentlichen.
Einen großen Beitrag verspricht sich der Konzern von der regenerativen Landwirtschaft, aus der bis 2028 ein Viertel des genutzten Weizens stammen soll. Dabei geht es vor allem darum, dass Landwirte verschiedene Maßnahmen umsetzen, um die Gesundheit der Böden und die biologische Vielfalt zu verbessern. Dafür arbeitet das Unternehmen mit dem Agritech-Startup Klim zusammen, das die Emissionen misst.
Betriebe, die etwa den Fruchtwechsel auf den Feldern erhöhen oder weniger Pflanzenschutz- und Düngemittel einsetzen, erhalten dafür eine Vergütung. Außerdem will Aryzta den Wasserverbrauch senken und die Lebensmittelabfälle deutlich reduzieren. Auch die Umstellung von Verpackungen ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie. Der Konzern plant, 10 Prozent weniger Neuplastik bis zum Jahr 2026 zu verwenden, bis 2028 sollen es 30 Prozent weniger sein.
Recyclingfähiges Material
Harry-Brot hat die Kunststoffmenge für die Verpackungen von Brot und Backwaren nach eigenen Angaben schon deutlich reduziert. 4 Gramm wiege der Plastikbeutel, der 500 Gramm Brot umhüllt, sagt Geschäftsführer Kleiner. Dünner ginge es nicht mehr. Beim Thema Verpackung sei nicht nur die Machbarkeit entscheidend. „Wir brauchen auch die Akzeptanz der Verbraucher. Wir haben zum Beispiel recycelte Beutel getestet, die nicht durchsichtig sind, sondern milchig – die Kunden haben sie jedoch nicht gekauft.“
Die Beutel, die der Großbäcker verwendet, sind bereits ausschließlich auf recyclingfähiges Material umgestellt. Die Folien, die etwa für länger haltbare Brötchen zum Einsatz kommen, bestehen noch aus verschiedenen Kunststoffen und lassen sich daher nur mit großem Aufwand recyceln. Das Unternehmen sehe sich nach anderen Möglichkeiten um, sagt Kleiner. Die Händler müssten aber auch bereit sein, die teureren wiederverwertbaren Verpackungen zu bezahlen, heißt es in der Branche.
Die Bäckerei Therese Mölk aus Österreich verzichtet schon auf Verbundmaterialien. Derzeit beschäftigt sich die MPreis-Tochter zudem damit, die Kisten für die Belieferung der Filialen bestmöglich zu bestücken, wie Sabine Leiss-Hofmann, Bereichsleiterin in der Produktion, erklärt. „Wir arbeiten daran, in der Herstellung die Kistenbelegung zu optimieren, um Leerfahrten zu vermeiden. Wir versuchen, jeden Zentimeter auszunutzen.“
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