Elementarschäden: Das müssen Sie wissen

Elementarschäden: Das müssen Sie wissen

Unbrauchbar durch Hochwasser: Diese Ausrollanlage ist ein Fall für den Schrott. Foto: Jürgensen

Die Hochwasserschäden sind begutachtet, jetzt geht es ans Aufbauen. Und viele Unternehmer fragen sich: Kann mir das auch passieren? Und wie kann ich mich gegen die finanziellen Folgen schützen? Wir haben mit drei Experten gesprochen: Dem Bäckerei-Sachverständigen Manfred Jürgensen und den Versicherungsexperten Wolfgang Riecke (SHB) und Dr. Andreas Reinhold (Signal Iduna). Ihre Ratschläge können bares Geld wert sein.

Schnell wieder mit dem Verkauf starten

Bei Bäckern in den Hochwassergebieten ist er in diesen Tagen einer der gefragtesten Experten: Manfred Jürgensen, Sachverständiger für Schäden an Läden und Backstuben. Was er rät, und wie hoch eine Versicherung für eine Betriebsunterbrechung heute sein sollte.

„Das Wichtigste ist, dass der Verkauf so schnell wie möglich wieder anläuft. Wenn die Kunden sich erst einmal andere Einkaufsquellen gesucht haben, ist es schwierig sie zurückzugewinnen“, sagt Manfred Jürgensen, Bäckerei-Sachverständige aus der Nähe von Flensburg. „Organisieren sie einen provisorischen Verkauf, bestenfalls aus einem Verkaufsanhänger. Und verkaufen sie notfalls Produkte von Kollegen. Wichtig ist, den Kunden etwas anzubieten.“

Sein oberstes Ziel ist es darum, den Verkauf wieder zu ermöglichen und parallel die Backstube aufzubauen – meist erst einmal mit gebrauchten Geräten. „Die Hersteller und Bäkos haben genügend Gebraucht- oder Leihgeräte, die sie zur Verfügung stellen. Mit der Planung und Einrichtung der neuen Backstube kann man sich dann mehr Zeit lassen – bis zu 36 Monate dürfen vergehen, um das Geld, das sie von der Versicherung bekommen, zu investieren.“ Von den aktuell 20 betroffenen Betrieben werden nach Jürgensens Einschätzung fünf an neuer Stelle eine Produktion bauen müssen. Auch das Haus der Bäckerei von Cornelia Schlösser in Schuld muss abgerissen werden. „Nur der Backofen verhindert, dass das Haus einstürzt.“

Die finanziellen Schäden seien bei den meisten Bäcker gut versichert, fast jeder habe eine Betriebsunterbrechungsversicherung. Welcher Schaden ersetzt wird, sollte man mit einem neutralen Sachverständigen klären, statt mit dem Versicherungsvertreter, denn der sei meistens nicht neutral. „Selbst bei so schweren Schäden wie durch das Hochwasser muss niemand seinen Betrieb aufgeben. Wir haben bislang immer Wege gefunden, Betriebe, die versichert sind, fortzuführen.“

Für die Zukunft sei es wichtig, den Wert seines Unternehmens richtig einzuschätzen. Selbst für Einzelunternehmen seien heute mindestens 500.000 Euro Versicherungssumme nötig, um im Schadenfall den Neuwert ersetzt zu bekommen. Um möglichst gegen alle finanziellen Folgen geschützt zu sein, rät er zu einer Multi-Risk-Police, die auf eine Unterversicherung verzichtet.
Info: www.baeckerei-sachverstaendiger.de

Das kostet Sie ein besserer Schutz

Wie können sich Bäcker gegen Hochwasser und andere Elementarschäden versichern? Was sollten sie dabei beachten? Und was kostet der Schutz? Wolfgang Riecke, seit dem 1. Juli 2020 Vertriebsvorstand bei der SHB Allgemeine Versicherung VVaG, gibt Antworten. Und er verrät, warum auch abseits von Wasserläufen eine Elementarversicherung sinnvoll ist.

back.intern.: Rund 20 Bäckereien mit mehr als 70 Standorten sind vom jüngsten Hochwasser betroffen. Waren die Betriebe gegen diese immensen Schäden versichert?

Riecke: Zunächst möchte ich allen Betroffenen, die Familienmitglieder oder ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, mein tiefes Mitgefühl aussprechen. Ein großer Dank geht natürlich auch an die vielen Helfer, die sich in den betroffenen Regionen über alle Maße engagiert haben. Uns ist es jetzt wichtig, unseren Mitgliedern schnell und unkompliziert zu helfen. Das geht zum einen über schnelle Regulierung und Kompetenz vor Ort wie den Sachverständigen Manfred Jürgensen (Anmerkung der Redaktion: siehe dazu auch den Artikel Hochwasserschäden: Schnell wieder mit dem Verkauf starten) und vorschussige Schadenszahlungen, die je Schadenshöhe zwischen 5.000 und 20.000 Euro liegen. Zudem reduzieren wir die einzureichenden Schadensunterlagen auf das Wesentliche. 

Aber zurück zu Ihrer Frage: Bedauerlicher Weise mussten auch wir feststellen, dass doch einige Kunden auf das Unwetter nicht vorbereitet waren und das Risiko Elementar nicht versichert hatten. Um gegen zukünftige Naturgefahren abgesichert zu sein, bieten wir darum allen Mitgliedern an, die bisher keine Elementarversicherung eingeschlossen haben, diesen Baustein gegen eine Mehrprämie einzubauen.

back.intern.: Was kostet so etwas?

Riecke: Über den breiten Daumen kann man sagen, die Prämie steigt um rund ein Drittel. Natürlich ist eine individuelle Betrachtung des jeweiligen Risikos notwendig. Ein guter Indikator ist die Zürs-Zone, in der der Betrieb oder das Privathaus liegt. Zürs steht für Zonierungssystem für Überschwemmungsrisiko und Einschätzung von Umweltrisiken in verschiedenen Regionen und danach richtet sich zu großen Teilen die Prämie. 

Wolfgang Riecke, Vertriebsvorstand bei
der SHB Allgemeine Versicherung

back.intern.: Wie kommt der Bäcker an konkrete Zahlen für seinen Betrieb?

Riecke: Wir haben unsere Kunden angeschrieben und ein großer Teil hat sich bereits für eine zusätzliche Elementarversicherung entschieden. Zu- und Abschläge können vereinbart werden, wenn uns aussagekräftige Daten, Informationen und Bilder des zu versicherten Objekts vorliegen. Auch Selbstbeteiligungen können eingebaut werden, um die Prämie zu reduzieren und trotzdem gegen den Worst Case abgesichert zu sein.

back.intern.: In welchen geografischen Regionen ist das besonders sinnvoll? 

Riecke: In der Nähe von Bächen, Flüssen oder Seen und in erdbebengefährdeten Regionen. Die Erdbebengefährdung in Deutschland ist im globalen Vergleich zwar relativ gering, aber nicht vernachlässigbar. Im Rheingebiet, auf der Schwäbischen Alb sowie in Ostthüringen und Westsachsen mit dem Vogtländischen Schwarmbebengebiet kommt es immer wieder zu kleineren Erdbeben. Überschwemmungen, Starkregen, Hochwasser sind jedoch die wesentlich wahrscheinlicheren Risiken, gerade mit Blick auf den Klimawandel werden sie zukünftig vermutlich häufiger eintreten. Und nicht nur an Flüssen kann es Probleme geben, auch in der Stadt. Beispielsweise durch Rückstau: Er entsteht, wenn durch Starkregen Straßenkanäle volllaufen oder das Entwässerungssystem im Kanal verstopft ist. Das eingeleitete Abwasser staut sich dann im gesamten System und fließt zurück. Schutz bieten hier Rückstauklappen. Und wenn doch ein Keller vollläuft zahlt die Elementarversicherung.

back.intern.: Auf was muss ich vor Vertragsabschluss achten?

Riecke: Die folgenden Punkte sollten bei einem Angebot enthalten sein:

Überschwemmung: Zum Beispiel durch Starkregen und Hochwasser, das in der Regel durch Flusshochwasser verursacht wird.

Rückstau, ich hatte es ja schon erwähnt.

Erdbeben, Erdsenkung und Erdrutsch, die nur versichert sind, wenn sie nicht menschengemacht sind wie im Bereich von Tagebau oder Bergbau. 

Dann gehören Schneedruck und Lawinen zu den Gefahren, gegen die man sich versichern sollte. Vulkanausbruch, der ja in Deutschland eher unwahrscheinlich ist, wird meistens automatisch mitversichert.

Dann sollten die vereinbarten Selbstbeteiligungen direkt ersichtlich sein. Wichtig ist, dass der Versicherungsort und somit die Zürs-Zone richtig ermittelt worden sind. Zürs-Zonen können und werden sich jährlich ändern, also macht es auch hier Sinn, von Zeit zu Zeit einmal zu prüfen, ob sich die individuelle Zürs-Zone vielleicht verbessert oder verschlechtert hat. So kann man eventuell die Prämie reduzieren.

back.intern.: Welche Schäden sind bei der SHB enthalten, die andere Versicherer nicht anbieten?

Riecke: Wir bieten den Versicherungsschutz nicht nur unseren Privatkunden, sondern explizit auch unseren Gewerbekunden an. Damit können sie sowohl Filialen als auch Produktionsstätten gegen das Risiko eines Elementarschadens absichern. Mittlerweile bieten die meisten deutschen Versicherer diesen Absicherungsbaustein an und das ist auch sinnvoll

Diese Versicherungen schützen Ihren Betrieb

Ein Gespräch mit dem Versicherungsvermittler vor Ort ist die beste Voraussetzung, um einen optimalen Schutz für seinen Betrieb zu bekommen. Sagt Dr. Andreas Reinhold, Bereichsleiter Sach/Haftpflicht bei der Signal Iduna. Was er Bäcker sonst noch rät.

back.intern.: Welche Versicherungen braucht ein Bäcker, um sich gegen Hochwasser-und Starkregenschäden zu versichern? Was sollte explizit in der Police stehen?

Reinhold: Die Police ist optimal, wenn sie das Beratungsergebnis der Bäckerin oder des Bäckers mit dem Versicherungsvermittler aus einem Gespräch vor Ort widerspiegelt. Eine Gebäudeversicherung ist notwendig, wenn die Bäckerei im eigenen Gebäude betrieben wird. Waren, Vorräte und die Betriebseinrichtungen können vor Schäden durch Hochwasser mit einer Geschäftsinhaltsversicherungen abgesichert werden. 

Dr. Andreas Reinhold, Bereichsleiter
Sach/Haftpflicht bei der Signal Iduna

Für den Fall, dass die Betriebseinrichtungen zerstört sind und die Bäckerei nicht betrieben werden kann, bietet Signal Iduna Betriebsunterbrechungsversicherungen mit einer Haftzeit von bis zu zwei Jahren an. Mieten, Pachten, Gebühren, Leasing- und Kreditraten, Versicherungsbeiträge, Löhne/Gehälter laufen in der Regel weiter und der entgangene Gewinn muss ersetzt werden. Voraussetzung bei allen genannten Versicherungen ist lediglich, dass eine erweiterte Elementarschadenversicherung eingeschlossen wird.

back.intern.: Wie sollte ich als Betriebsinhaber vorgehen, wenn ich unsicher bin, was meine Versicherung abdeckt?  

Reinhold: Sehr wichtig ist es zu überprüfen, was im Schadenfall ersetzt wird. Häufig sind das der Zeitwert oder der technische Zeitwert bei Totalschäden. Neuwertversicherungen kosten etwas mehr, sichern aber bei Inhaltsversicherungen den Neuwert ab.

back.intern.: In welchen geografischen Regionen ist ein Versicherungsschutz gegen Elementarschäden besonders sinnvoll? 

Reinhold: Starkregen ist kein regionales Ereignis mehr und kann zukünftig auch Betriebe treffen, die bis dato dieses Problem nicht hatten. Daher die Empfehlung, unabhängig von der geografischen Region, immer die Gebäude- und Geschäfts-Inhaltsversicherungen sowie Betriebsunterbrechungs-versicherungen mit einer erweiterten Elementarversicherung zu kombinieren.