Bilanz von 100 Tagen Bundesregierung
Anlässlich der ersten 100 Tage der Regierung Schwarz-Rot haben die norddeutschen Bäckereien ein Resümee gezogen, über die Regierungsarbeit und die allgemeine Situation der Betriebe. Die Ergebnisse einer Umfrage des BKV Nord unter rund 500 Innungsmitgliedern zeigen die Strukturprobleme im Land und einen Vertrauensverlust der Betriebe an die Regierung auf: Rund 37 Prozent der Betriebe empfinden die Regierungsarbeit als gut oder befriedigend. 22 Prozent vergeben die Schulnote 4, 35 Prozent vergeben allerdings ein mangelhaft. „Hier fließt die kurze Gestaltungszeit von 100 Tagen positiv ein, kommentiert BKV-Geschäftsführer Jan Loleit diese Bewertung.
Soziale Sicherungssysteme und Rentenreform
Den dringendsten Handlungsbedarf sehen Norddeutschlands Innungsbäcker bei den sozialen Sicherungssystemen. „Rund 90 Prozent der Betriebe halten eine Reform des Rentensystems für notwendig, über 80 Prozent verweisen auf das Problem der immer weiter steigenden Beamtenpensionen. Die Bundesregierung muss hier die seit Jahren überfälligen Reformen endlich umsetzen, und zwar sofort“, fordert Matthias Grenzer, Vorstandsvorsitzender der BKV-Nord. Ähnlich sieht die Beurteilung der Betriebe bei der Kranken-/Pflegeversicherung und beim Bürgergeld aus. Hier werden strukturelle Veränderungen als sehr wichtig angesehen.
Massiv kritisiert wird auch die elektronische Krankschreibung. Die Betriebe berichten, dass sich dadurch ihr betrieblicher Aufwand erhöht habe und dass die Krankenquote noch mehr gestiegen sei. „Es kann nicht sein, dass hier die Arbeit von Arzt und Patient auf den Arbeitgeber verlagert wird“, kritisiert Grenzer. Gerade mit Blick auf die Mindestlohnerhöhung beurteilen mehr als Hälfte der Bäckereien ihre betriebliche Entwicklung als schlechter als im Vorjahr.
Abschaffung der Bonpflicht und Absenkung der Mehrwertsteuer für Speisen
Im Koalitionsvertrag sind einige Verbesserung auch für die Bäckereien vorgesehen auf deren Umsetzung die Betriebe hoffen. Höchste Priorität hat dabei die Abschaffung der Bonpflicht und die Absenkung der Mehrwertsteuer für Speisen, berichtet auch Dietmar Baalk, Landesinnungsmeister des Bäckerinnungs-Verbandes Niedersachsen/Bremen. „Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Deshalb müssen diese versprochenen Reformen zeitnah umgesetzt werden“.
- Besonders stark belasten die Betriebe die steigenden Sozialabgaben (67 Prozent) und der Mindestlohnanstieg (65 Prozent) – die Bäcker sind ein sehr personalintensives Gewerk – und die bürokratischen Auflagen (63 Prozent).
- Vom im Koalitionsvertrag versprochenen Bürokratieabbau verspüren bislang 90 Prozent der Betriebe nichts.
- Fast 60 Prozent sprechen in dem Zusammenhang von einem weiteren Vertrauensverlust in die Regierenden.
- Befragt wurden die rund 500 produzierenden Mitgliedsbetriebe der BKV Nord (Nds, Br, SH, MVP, HH). Rund 75 haben geantwortet.
Auch Bayerns Bäcker sind enttäuscht
Auch die bayerischen Bäcker sin nicht nur zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung. Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Handwerkstags (BHT), Frank Hüpers, sagte im Gespräch mit BR24, vereinzelt möge es schon Wut geben, aber pauschal könne er davon nicht berichten. Trotzdem herrsche auch in den bayerischen Betrieben vielfach zumindest Unzufriedenheit und Frust – vor allem, weil Versprechungen, die im Koalitionsvertrag gemacht worden waren, so nicht wirklich umgesetzt werden. Besonders, dass die Stromsteuer nur für große Industriekonzerne gesenkt worden sei, nicht aber für kleine Betriebe, sorge für Unmut.
Kleinere Betriebe benachteiligt
Besonders energieintensive Handwerksbetriebe wie Bäckereien würden von einer Entlastung bei den Stromkosten profitieren. Durch die derzeitige einseitige Steuersenkung würden nun zum Beispiel handwerkliche Bäcker gegenüber großen Backkonzernen benachteiligt. Als großes Problem sehe man beim Bayerischen Handwerkstag die Lage in den Sozialsystemen wie Rente, Arbeitslosenversicherung und Krankenkassen.
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